Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die letzten Einwohner gingen vor zwei Jahren
In der Abtei wiederum leben inzwischen nicht mehr Benediktinermönche – sie waren 1969 zurückgekehrt – , sondern fünf Mönche und sieben Schwestern der Gemeinschaften von Jerusalem. „Bis vor zwei Jahren wohnte hier noch eine Familie, beide Elternteile waren Fremdenführer“, erzählt Cécile Loiseau, ebenfalls Touristenführerin. „Sie mussten ihre beiden Kinder immer zur Betreuung aufs Festland bringen. Als das dritte unterwegs war, zogen sie um.“
Seinen Inselcharakter drohte der Mont-Saint-Michel allerdings zu verlieren, da das Wasser den Klosterberg nicht mehr komplett umspülte – der von Napoleon erbaute Damm unterbrach die natürlichen Meeresströmungen und die Bucht versandete zunehmend. Nach jahrzehntelangen Untersuchungen begannen dann 2006 umfangreiche Bauarbeiten, die inzwischen beendet sind. 2014 wurde die filigrane Stelzenbrücke eröffnet, durch die der österreichische Architekt Dietmar Feichtinger den alten Damm ersetzte.
„Die Idee dahinter war, dass der Besucher das Gefühl hat, quasi über das Wasser zum Klosterberg zu gelangen“, erklärt Cécile Loiseau. Schon zuvor war ein Gezeitendamm entstanden, um die Insel wieder mit Wasser zu umspülen. Der Parkplatz, der bis dahin direkt neben dem Klosterberg lag, war um drei Kilometer versetzt worden. Pendelbusse transportieren die Besucher gratis, während der Verkehr mit Pferdekutschen allmählich anläuft. Dabei verleihen sie in heutigen Tagen des Besucher-Ansturms ein Flair wie zu früheren, ruhigeren Zeiten, freilich mit einem gewissen Aufpreis – ein wenig wie die „Mère Poulard“.