Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was heißt schon verrückt?
Premiere Wie die Neusässer Schauspielgruppe „Die Physiker“von Dürrenmatt inszeniert hat
Das Licht ist noch an, und es herrscht angeregtes Gespräch im Publikum, doch plötzlich, ein Leichenfund. Aufgeregt laufen Polizist und Inspektor herein, das Licht erlischt, die Menge beruhigt sich. Was im ersten Moment nach einem schrecklichen Drama klingt, ist der Anfang einer grotesken Komödie: „Die Physiker“von Friedrich Dürrenmatt. Dieses Stück hat die Schauspielgruppe Neusäß, unter neuer Leitung von Florian Kreis, zum ersten Mal aufgeführt.
Etwa 100 Leute sind in die St.Ägidius-Grundschule gekommen, um die Premiere mitzuerleben. Nach dem unmittelbaren und überraschenden Einstieg führt der erste Akt gesprächig in die Handlung ein, beleuchtet aber gleichzeitig die vorausgegangenen Geschehnisse: die Morde an zwei Krankenschwestern in einem Sanatorium. Diese waren von zwei Patienten der Einrichtung begangen worden, die sich als verrückte Physiker ausgegeben haben. Der eine gab vor, Albert Einstein zu sein, der andere nannte sich Isaac Newton. Die beiden Figuren wurden von Werner Härle und Wolfang Hugo Ritter treffend verkörpert. Letzter im Bunde ist der Wissenschaftler Johann Wilhelm Möbius, dargestellt von Bernhard Vogt. Als ihm die noch verbleibende Krankenschwester Monika Stettler (Julia Jakob) alias Schwester ihre Liebe gesteht, bringt er sie um.
Im zweiten Akt geht es dann richtig an die Substanz, als sich die drei Männer beim Abendessen unterhalten und nach und nach klar wird, dass keiner von ihnen wirklich verrückt ist. Denn alle geben sich nur als Irre aus, um die Entdeckungen Möbius’, der ein echter Physiker ist, zu schützen. Denn dieser hat die Weltenformel herausgefunden. Alle drei Akteure stellten sowohl innere als auch äußere Konflikte glaubwürdig dar. Auch Christa Klement, die die Leiterin des Sanatoriums Fräulein Doktor von Zahnd spielte, wandelte sich sehr überzeugend von der verantwortungsvollen Ärztin am Anfang zur Geisteskranken, die am Ende allen zeigt, wie sie die schein- bar Klugen überlistet hat. Nachdem Fräulein von Zahnd die Männer ausspioniert hat, sperrt sie sie ein, um die Macht, die aus den Entdeckungen hervorgeht, für sich zu beanspruchen. Das Stück endet offen, allerdings mit dem Hintergedanken von Dürrenmatt, dass sich trotz aller Bemühungen alles stets zum schlechtesten wendet.
Überraschend hat die Schauspielgruppe Neusäß am Schluss das bekannte Lied „Always Look On The Bright Side of Life“von Monty Python eingefügt, vermutlich, um der Szenerie ihren Schrecken zu nehmen und doch noch ein positives Gefühl zu erzeugen.
Besonders hervorzuheben sind die treffenden Kostüme, sofort konnte der Zuschauer erkennen, um welche Person es sich handelt, ohne dass diese vorher gesprochen hatte. Ebenso positiv waren die Auftritte aus dem Zuschauerraum, die die Inszenierung auflockerten. Das große Engagement aller Mitwirkenden war sichtbar und wurde vom Publikum mit einem langen Applaus gewürdigt. Für die Schauspielgruppe war diese Produktion auch in anderer Hinsicht Neuland: Nachdem Sigrid Ihlenfeldt nach 40 Jahren die Spielleitung abgegeben hatte, übernahm Schauspieler Florian Kreis die Regie. Mit großem Erfolg. O
Aufführungen: 31. März, 19:30 Uhr; Samstag, 1. April, 19:30 Uhr; Sonntag, 2. April, 17 Uhr; Freitag, 7. April, 19:30 Uhr; Samstag, 8. April, 19:30 Uhr; Sonntag, 9. April, 17 Uhr; Freitag, 21. April, 19:30 Uhr; Samstag, 22. April, 19:30 Uhr; Sonntag, 23. April, 17 Uhr; Samstag, 29. April, 19:30; Sonntag, 30. April 17 Uhr.