Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sollen Brauer mit Bier bezahlt werden?

Alkohol Marlene Mortler ist CSU-Politikeri­n und Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung. Sie sieht den traditions­reichen Deputat-Lohn kritisch – und zieht damit den Zorn der wichtigen bayerische­n Branche auf sich

- VON CHRISTIAN GALL

Besonders bei sonnigem Wetter kommt ein kühles Bier gerade recht. Mitarbeite­r einer Brauerei haben davon immer genug im Kühlschran­k. Sie bekommen neben ihrem Gehalt einen Deputat-Lohn, also Produkte aus eigener Erzeugung. Dieser „Haustrunk“besteht bei Brauereien zum Großteil aus Bier. Die Drogenbeau­ftragte des Bundes, Marlene Mortler, hat diese Tradition jetzt aber kritisiert: „Ich bin mir sicher, dass es Alkohol als Lohnbestan­dteil in zehn Jahren nicht mehr geben wird.“Sie ist keine Unterstütz­erin des Haustrunks: „Das Zahlungsmi­ttel in Europa ist der Euro, und das ist auch richtig so.“

In Brauereien ist es Tradition, dass Mitarbeite­r einen Teil des Bieres mit nach Hause nehmen. Dem Hauptgesch­äftsführer des Bayerische­n Brauerbund­s, Lothar Ebbertz, zufolge ist dieser Deputat-Lohn seit Jahrzehnte­n im Manteltari­fvertrag der bayerische­n Brauer geregelt. Dabei wird teilweise viel Bier abgegeben – von der Brauerei Ustersbach­er im Landkreis Augsburg erhalten Mitarbeite­r bis zu 78 Liter Haustrunk im Monat. Die Geschäftsf­ührerin der Brauerei, Stephanie Schmid, weist darauf hin, dass der Deputat-Lohn auch aus alkoholfre­ien Getränken bestehen kann. Sie sieht kein grundsätzl­iches Problem im Haustrunk, es komme immer auf die Menge an, die der Einzelne trinkt. Schmid stört sich an etwas anderem: „Es schmerzt mich, dass Bier überhaupt zum Ressort einer Drogenbeau­ftragten gehört.“

Auch die Augsburger Brauerei Hasen-Bräu stellt ihren Mitarbeite­rn frei, ob sie Bier oder alkoholfre­ie Getränke mit nach Hause nehmen möchten. Beschäftig­te geben aber auch, wie Marketing-Manager Max Lenz berichtet, einige Flaschen des Deputats an Freunde und Bekannte weiter. Das Ende des Haustrunks hält er für unwahrsche­inlich: „Es gibt keine Pläne der Brauwirtsc­haft, diese Tarifverei­nbarung zu ändern – und daher auch nicht bei uns.“Eine Entwicklun­g hin zu weniger Deputat-Lohn zeigt sich aber in den Zahlen der Brauereien. Dem Statistisc­hen Bundesamt zufolge lag die Menge des Haustrunks im Jahr 1991 deutschlan­dweit noch bei knapp 600000 Hektoliter­n, 2016 hingegen waren es etwa 137 000 Hektoliter – demnach ein Rückgang auf weniger als ein Viertel. Dennoch wollen Brauer verhindern, dass der Deputat-Lohn völlig verschwind­et, sagt der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft für Nahrung, Genuss und Gaststätte­n, Claus-Harald Güster: „Die Brauer sind stolz auf ihre Produkte und werden nicht zulassen, dass immer wieder versucht wird, den Haustrunk infrage zu stellen.“

Und wie reagiert die Drogenbeau­ftragte Marlene Mortler gegenüber der Kritik an ihrer Kritik? Sie wollte sich auf Nachfrage unserer Zeitung nicht zum Thema äußern.

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Foto: fotogestoe­ber, Fotolia

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