Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Eltern stehen mächtig unter Druck
Serie Führen oder begleiten? Väter und Mütter wollen ihre Kinder für ein gelingendes, selbstbestimmtes Leben wappnen. Wie glückt das heute? Verschärfen doch neue Möglichkeiten und eine unsichere Zukunft längst schwelende Konflikte
Verwöhnte Kinder, respektlose Kinder, vernachlässigte Kinder, überforderte Kinder, überbehütete Kinder, übergewichtige Kinder, gedrillte Kinder, orientierungslose Kinder… – Kritik ist für Eltern ja nichts Neues. Meinungsverschiedenheiten über die richtigen Maßstäbe bei der Erziehung gibt es immer im Übergang der Generationen: Die ältere sieht die Ordnung bedroht, die sich im eigenen Handeln doch bewährt habe – die jüngere sieht die Schwächen dieses Erbes sowie die veränderten Erfordernisse in einer neuen Zeit. Aber das alles nimmt nun – inmitten eines kulturellen Wandels, inmitten unsicherer Zukunftsperspektiven – neue Schärfe an.
Neulich gab es Ärger in Augsburg. 5000 Postkarten und 1000 Plakate hatte das Landratsamt in Schulen, Kitas und Büchereien verteilt. Darauf zu sehen: eine Frau mit Kind im Kinderwagen, Blick aufs Smartphone. Motto: „Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind.“Das machte des Drucks darauf differenziert sich ja längst auch das Schulsystem neu aus. Freie Schulen ohne Frontalunterricht und Stundenpläne öffnen auf der einen Seite, konfessionelle auf der anderen. Diese erleben auch im Osten Deutschlands großen Zulauf, und zwar sehr wohl auch vonseiten eigentlich nicht gläubiger Familien. Freiheit und Ordnung in Zeiten sich wandelnder Familienmodelle! Elternkurse, die das Grenzziehen vermitteln, haben ebenso viel Zulauf wie Kinderkurse, die das Neinsagen lehren. Dazwischen ist vielleicht noch Platz für Yoga für Klein und Groß. Und ernähren sich auch alle bewusst und gesund? Da kann man trotz eines endlosen Angebots an Ratgebern schon mal ratlos sein – oder, um die eigene Haltung zu rechtfertigen, unduldsam gegenüber Andersmeinenden werden.
Umso erstaunlicher ist womöglich das Ergebnis einer aktuellen Studie der Kölner Professorin für Erziehungswissenschaften, Jutta