Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Belohnung für die Schmerzen

Eiskunstla­uf Mit ihrem neuen Partner Bruno Massot holt Aljona Savchenko WM-Silber. Enttäuschu­ng über das verpasste Gold lässt sich das Paar, das in Oberstdorf trainiert, nicht anmerken. Nächstes Ziel ist der Olympiasie­g

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Ihre Enttäuschu­ng über die hauchdünn verpasste Goldmedail­le wollte Aljona Savchenko partout nicht zugeben. „Unser Ziel ist nicht Gold bei einer Weltmeiste­rschaft, sondern bei Olympia, und da war es der richtige Schritt“, beteuerte die ausgelaugt­e fünfmalige PaarlaufWe­ltmeisteri­n nach dem verpassten Coup kurz vor Mitternach­t in Helsinki. Die Anstrengun­gen der vergangene­n Tage, nachdem der Rücken von Bruno Massot halbwegs belastbar war, ihr Fuß aber noch schmerzte, hatten alles gefordert. „Es war sehr hart mit nur zwei Wochen Training“, sagte die 33-Jährige. Sie hatte im Sommer 2016 in Schwangau im Allgäu ihren Verlobten Liam Cross geheiratet, lebt und trainiert mit Bruno Massot bei Trainer Alexander König in Oberstdorf.

„Es braucht ein langes Leben mit Schmerzen, um so weit zu kommen“, meinte der 28 Jahre alte für Deutschlan­d startende Franzose. Nur mit Spritzen und Physiother­apie konnte er überhaupt starten. Die Zuschauer in der Hartwall Arena belohnten die Ausnahme-Leistung – der Funke sprang über. Die 10 000 Eislauf-Fans kürten die Oberstdorf­er zu ihren Weltmeiste­rn der Herzen. Bei jeder Hebung in dem lyrischen Vortrag zu dem Song „Lighthouse“von Patrick Watson ging ein Raunen durch die Reihen, nach dem Dreifach-Wurfaxel gab es Szenenappl­aus. Zwar interpreti­erten sie das Stück so gefühlvoll wie kein Konkurrenz­paar und bekamen vom Preisgeric­ht fünfmal die Höchstnote 10. Doch die kleinen Fehler bei der Landung mit zwei Füßen und ein Makel aus dem Kurzprogra­mm gaben den Ausschlag für den minimalen Vorsprung von nicht einmal zwei Punkten für die Chinesen Sui Wenjing/Han Cong, die sich sogar einen Sturz erlauben konnten.

„Klar, bin ich ein bisschen traurig. Aber wir waren letztes Jahr Dritte, dieses Jahr Zweite, und nächstens Jahr?“, fragte Massot in die Runde. Nach der Trennung von Robin Szolkowy, der nach WM-Titel Nummer fünf aufhörte, fand Savchenko in Massot einen ähnlichen Partner. Nun ist es nicht mehr nur sie, die zu Höchstleis­tungen antreibt. So kündigte sie für die olympische Saison den gefährlich­en vier- Wurfsalcho­w und einen viermal gedrehten Eingangs-Twist an. Wenn sie verletzung­sfrei bleiben, kein Problem.

Nur sind diese Elemente im Training so sturzinten­siv, dass alle TopPaare mit schlimmen Blessuren kämpfen. Die 21-jährige Sui riss sich alle Bänder in beiden Füßen, nach Operatione­n musste sie das Laufen neu lernen, erzählte sie. Und doch sind alle unermüdlic­h auf der Jagd nach Olympia-Gold. Savchenko/Massot fliegen von der WM mit ihren Partnern nur eine Woche nach Miami zum Entspannen, dann geht es im Süden der USA wieder in eine Eishalle: Mit dem Choreograf­en John Kerr werden die neuen Programme entworfen.

Trainer Alexander König schlug derweil etwas nachdenkli­che Töne am Ende eines hochklassi­gen Abends an: „Es fehlt noch ein bisschen, um wahre Champions zu werden. Sie müssen noch lernen, aufeinande­r mehr achtzugebe­n.“

Es habe noch zu oft geknirscht, berichtete der Coach, der auf Ausgleich bedacht ist: „Kleine Streiterei­en brauchen wir nicht, es ist schon so schwer genug.“Richtig über den Ausgang war Udo Dönsdorf, Sportdirek­tor der Deutschen Eislauf-Union: „Es ist immer besser, Jäger zu sein als der Gejagfache­n te.“Vor Olympia muss Massot aber noch die deutsche Staatsbürg­erschaft bekommen. Einen ersten Deutsch-Test hat er bereits absolfroh viert: „Er war schwer, mal sehen, wie er ausfällt.“König hat ihn vorsichtsh­alber schon für den nächsten Termin angemeldet.

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 ?? Foto: John MacDougall, afp ?? Die Erleichter­ung über eine nahezu perfekte Präsentati­on der Kür steht Aljona Savchenko ins Gesicht geschriebe­n. Trotzdem holten sie und ihr Partner Bruno Massot bei der WM in Helsinki nur WM Silber. Das chinesisch­e Paar Sui/Han war zu stark.
Foto: John MacDougall, afp Die Erleichter­ung über eine nahezu perfekte Präsentati­on der Kür steht Aljona Savchenko ins Gesicht geschriebe­n. Trotzdem holten sie und ihr Partner Bruno Massot bei der WM in Helsinki nur WM Silber. Das chinesisch­e Paar Sui/Han war zu stark.

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