Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So lang, so gerade, so teuer

Rekordbaum Das Sägewerk Ehrenreich in Welden hat eine ganz besondere Eiche gekauft. Der Transport war komplizier­t. Bald könnte das Holz einen Schlossher­ren glücklich machen

- VON MANUELA BAUER

Zentimeter für Zentimeter schwebt der riesige Baum nach oben. An vier dicken Ketten baumelt der elf Tonnen schwere Stamm im Frühlingsh­immel. Es ist Millimeter­arbeit, den Rekordbaum vom Transporte­r unter das Dach der Schreinere­i auf die Säge zu hieven. Gut, dass die orange Warnleucht­e des Krans umklappbar ist, sonst wäre es knapp geworden. Dem Eichenstam­m soll schließlic­h nichts passieren. Er ist sehr wertvoll, eine Seltenheit: sehr lang – 12,5 Meter – kerzengera­de und ohne Astlöcher. Deshalb hat er auch so viel gekostet wie ein Kleinwagen. Gestern kam der Stamm bei seinem neuen Besitzer, dem Sägewerk Ehrenreich in Welden, an. Von seinem Lagerplatz in Leipheim bis zum ersten Schnitt dauerte es mehrere Stunden.

Die Eiche ist etwa 300 Jahre alt. So lange stand sie im Wald nahe der Bäldleschw­aige bei Tapfheim. Dann musste sie gefällt werden: Die Wurzeln des alten Riesen waren von einer Pilzkrankh­eit befallen, der Baum verlor einen Kronenast und seine Blätter. Sein damaliger Besitzer Maximilian Sailer erklärte im Dezember: „Sie war in einem Alter, wo ihr Immunsyste­m nicht mehr so funktionie­rt, ähnlich wie bei einem alten Menschen.“Die Familie hat den Stamm deshalb bei einer sogenannte­n Submission verkauft, bei der in Leipheim jedes Jahr wertvolle Hölzer versteiger­t werden.

Dort hat Stefan Ehrenreich die Eiche entdeckt. Seine Frau Anja erzählt: „Mein Mann fährt zu vielen Submission­en. Aber da kam er nach Hause und meinte: Den Baum will er unbedingt haben.“Doch so einfach ist das nicht: Die Submission ist eine Blindverst­eigerung. Das heißt: Die Interessen­ten reichen bis zu einem bestimmten Termin in einem verschloss­enen Umschlag ihr Gebot ein. Der meistbiete­nde bekommt den Zuschlag. Oft schon haben Furnierher­steller den Ehrenreich­s tolle Bäume weggeschna­ppt. Auch diese Eiche wollten viele haben, erzählt Anja Ehrenreich. Aber ihr Mann lag mit seinem Angebot knapp darüber – und bekam den Zuschlag. Mit einem Preis von 10 212 Euro war die Eiche das teuerste Holz bei der Versteiger­ung im Februar.

Gestern nun wurde der Stamm nach Welden gebracht. Der Transport war langwierig, komplizier­t und ebenfalls teuer, betont Anja Ehrenreich. An die Säge musste extra noch eine Verlängeru­ng angebaut werden, denn sie kann eigentlich nur bis zu zehn Meter Länge schneiden. Furnierher­steller hätten diesen ganzen Aufwand gar nicht gemacht, sagt Anja Ehrenreich: Sie hätten ihn zerstückel­t und erst dann transporti­ert. Für die Weldener Firma ist aber gerade die Länge das Besondere. Gut 200 Quadratmet­er exklusives Parkett sollen nun daraus entstehen. Ehrenreich könnte sich vorstellen, damit ein Schloss auszustatt­en. In einem normalen Wohnzimmer haben die zwölf Meter langen Dielen schließlic­h kaum Platz. Das Weldener Familienun­ternehmen hat auch schon in den prächtigen Sälen der Festung Königstein in der Sächsische­n Schweiz solche Langdielen verlegt. Für die alte Eiche aus dem Donauried gibt es noch keinen Abnehmer. Das Holz wird erst einmal eingelager­t. Aber lange wird es nicht dauern, bis es jemand kaufen will, da ist sich Ehrenreich sicher. Anfragen für elf oder zwölf Meter lange Dielen gebe es nämlich immer wieder – aber die Bäume dafür sind eben extrem selten.

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Das Säge und Hobelwerk Ehrenreich in Welden hat eine besonders wertvolle Eiche gekauft. Die Anlieferun­g war Millimeter­arbeit.
Foto: Andreas Lode Das Säge und Hobelwerk Ehrenreich in Welden hat eine besonders wertvolle Eiche gekauft. Die Anlieferun­g war Millimeter­arbeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany