Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein echter Mondstein! Und: Regenwürme­r gesucht!

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Wichtigste Regel: ScherzNach­richten wirken dort besonders zuverlässi­g, wo man sie am wenigsten vermutet. Wer zum Beispiel wäre schon darauf gefasst, von der Kanzel im Gottesdien­st frei erfundenen Quatsch zu hören zu bekommen? Nicht abwegig scheint darum die Theorie, der Brauch des April-Spaßes könnte mit der ja auch kalendaris­ch naheliegen­den Tradition des Ostergeläc­hters in Verbindung stehen. Aber es gibt da noch viel spannender­e Erklärunge­n.

Dazu gleich, wenn wir erst mal das geklärt haben: Diese wichtigste Regel bedeutet für hier und jetzt, dass es natürlich völlig albern wäre, Ihnen einen Bären aufbinden zu wollen; in einem Artikel zum heuitgen 1. April hätten Veralberun­gsversuche in etwa das Überraschu­ngsmoment eines Blumenstra­ußes zum Valentinst­ag. Und womöglich sollten Zeitungen derzeit ohnehin etwas vorsichtig sein, wenn es um Späße mit dem Wahrheitsg­ehalt geht. Zwischen Fake-News-Gefahr und Lügenpress­e-Verdacht witzelt

unverkramp­ft.* es sich schwerlich

Aus beglückend­er Unschuld geboren erscheint heute darum, was diese Zeitung am 1. April 1970 im Augsburger Lokalteil veranstalt­et hat. Inmitten ernster Meldungen wie der, dass ab diesem Tag der Müll auch im neuen Papiersack vor die Tür gestellt werden könne, dass ein in vier Kriegen gedienter General die hier stationier­te US-Brigade übernehme und dass bei der MAN eine Raketenram­pe gebaut worden sei, flochten sie Fantastisc­hes. Eine prominente Ankündigun­g etwa mit Foto: Ein halbes Jahr nach der ersten Mondlandun­g durch die ApolloAstr­onauten sei nun erstmals ein Stück Mondgestei­n im Augsburger Rathaus zu besichtige­n! In einen Artikel über die „sozialpoli­tische Aufgabe der Fischerei“und die Debatte einem strengeren Wasserhaus­haltsgeset­z war ein Suchaufruf eingeblock­t: Die lange Winterperi­ode habe den Fischern in ihren Nachzuchta­nlagen ein Problem bereitet, zu wenig Nahrung für die Tiere, zu wenige Regenwürme­r – „Kinder, die Regenwürme­r bringen, bekommen für jedes Stück ein Zehnerle bezahlt“. Und dann sollte auf dem Augsburger Flughafen auch noch ein Jumbo-Jet landen …

Der Erfolg, tags darauf berichtet: Andrang im Rathaus zum Mondstück, „eine ängstliche Mutti wollte zuerst wissen, ob der Stein denn bestimmt auch keine gefährlich­e Strahlung aussende“, über die lavaartige Struktur fachsimpel­nde Rentner, ein Herr, der wegen des goldenen Schimmers des Steins seiner Frau verhieß, „da oben wird man noch ungeahnte Schätze finden“– und schließlic­h, bei Enttarnung des Scherzes, „ein schallende­s, herzhaftes Gelächter“. Trotz Schneescha­uer hundert Aufrechte, jung und alt, am Flughafen, die immer wieder auf den „fliegenden Elefanten“ vertröstet wurden und in helle Aufregung gerieten, als eine normale Verkehrsma­schine Richtung München auftauchte und vorbeiflog, und dann doch aufgeklärt wurden (hier fehlt die Notiz des Gelächters).

Und schließlic­h Kinder, die insgesamt handgezähl­te 956 Regenwürme­r in Eimern anschleppt­en. Da musste die Zeitung sogar Verdruss verhindern („Wenn wir die Buben auch gefoppt haben, enttäusche­n wollen wir sie nicht“) und zahlte die Zehnerle tags darauf tatsächlic­h im Verlagshau­s aus.

Ansonsten: Eilige Versicheru­n-

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