Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bußgeld fürs Schwänzen
Prozess Schulferien verlängert: Eltern müssen zahlen
Wenn Kinder die Schule schwänzen, müssen die Eltern büßen. Dann ist ein Bußgeld fällig. Denn in Deutschland besteht Schulpflicht. Sie dauert zwölf Jahre. Selbstverständlich ist, dass Schüler an Feiertagen wie Weihnachten oder Karfreitag frei haben. Der gesetzliche Schutz von Sonn- und Feiertagen gilt jedoch nicht nur für Christen. Auch Kinder und Jugendliche christlich-orthodoxen, jüdischen oder muslimischen Glaubens sind an den speziellen Feiertagen ihrer Religion zusätzlich vom Unterricht freigestellt. Viele Eltern mit Migrationshintergrund nutzen solche Tage bei günstigen Konstellationen für einen kurzen Urlaub im Heimatland. Und manche kehren mit ihren Kindern zu spät zurück – für die Behörden ein Verstoß gegen das Erziehungsund Unterrichtsgesetz.
Dann flattert den Eltern ein Bußgeldbescheid ins Haus. Amtsrichterin Yvonne Möller hatte sich mit dem Fall eines Vaters zu beschäftigen, der eine „Strafe“von 200 Euro zahlen sollte, dagegen aber Einspruch einlegte. Das Bildungsministerium listet für Schüler anderer Religionszugehörigkeit über ein Dutzend verschiedene Festtage auf, die von den normalen Feiertagen abweichen: Der orthodoxe erste Weihnachtstag wird beispielsweise am 7. Januar gefeiert, das jüdische Neujahrsfest fällt in diesem Jahr auf den 21. und 22. September. Muslimische Schüler haben am mehrtägigen Opferfest (Kurban Bayrami) und am Fastenbrechenfest (Ramazan Bayrami) jeweils die ersten beiden Tage zusätzlich schulfrei. Im vergangenen Jahr lag das Opferfest im Kalender besonders günstig, nämlich am 12. und 13. September. Ergo war auch der erste Schultag nach den Sommerferien am 13. September für diese Kinder schulfrei.
Der sieben Jahre alte Sohn fehlte allerdings auch am folgenden Tag in der Grundschule. Die Familie war verspätet aus einem Urlaub in ihrem Heimatland zurückgekehrt. Mit einem Bußgeld in Höhe von 200 Euro war der Vater nicht einverstanden. Vor Amtsrichterin Yvonne Möller betonte er, er sei davon ausgegangen, dass die Schule erst am 15. September wieder beginne. Er habe nicht gewusst, dass man dafür bestraft werden könne. Richterin Möller ließ die Einwände nicht gelten: „Wer schulpflichtige Kinder hat, muss wissen, wann die Schule wieder anfängt.“Um Kosten bei einer Verurteilung zu vermeiden, nahm der Vater seinen Einspruch zurück. Auch seine Frau, die Kindsmutter, hat wegen des Vorfalls einen Bußgeldbescheid erhalten. Ihr Verfahren läuft noch.