Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stillende Mutter bekommt Ärger im Kaufhaus

City Bei einem Bummel gab Anne Pries ihrem Baby im Wickelraum die Brust. Eine Reinigungs­frau hatte dafür kein Verständni­s. Warum der Filialleit­er von dem Vorfall überrascht war und wie es mit Still-Möglichkei­ten aussieht

- VON INA KRESSE

So hatte sich Anne Pries ihren ersten Ausflug mit ihrem neugeboren­en Baby in die Innenstadt nicht vorgestell­t. Die 30-jährige Mutter aus Hochzoll wollte zusammen mit ihrem Mann, dem gemeinsame­n Baby Emil und der Schwiegerm­utter ein paar nette Stunden in der City verbringen. Doch dann flog sie aus dem Wickelraum eines Kaufhauses, weil sie dort ihr Baby gestillt hat.

Der kleine Emil war noch keine drei Wochen alt, als die Familie mit ihm am Donnerstag vor einer Woche den ersten Ausflug unternahm. Mutter Anne Pries hatte sich vorab extra noch bei ihrer Hebamme erkundigt, wo man in der Innenstadt notfalls sein Kind stillen kann. Ein Tipp der Expertin lautete: bei Karstadt. Pries ging mittags dort hin. Emil musste gewickelt werden und Hunger hatte das Baby auch. Die Mutter war froh über den eigenen Raum bei den Toiletten. Dort gab es einen Wickeltisc­h und einen Korbsessel. Sie gab ihrem Kind die Brust, musste Emil zwischendu­rch noch im Internet abrufen können. Viel passiert ist seitdem allerdings nicht.

Laut Fraktionsv­orsitzende­r Margarete Heinrich habe man die Antwort erhalten, dass in öffentlich­en Toiletten wie am Rathauspla­tz oder in Verwaltung­sgebäuden nicht genügend Platz sei. „Aber laut Stadt ist angedacht, bei Neukonzept­ionen daran zu denken.“Für Heinrich war das keine zufriedens­tellende Antwort. Eine Übersicht für Eltern für Wickel- und Stillorte gibt es auch noch nicht. Heinrich, die ihre drei Töchter einst auch gestillt hat, findet das Thema aber nach wie vor wichtig. „Als meine Zwillinge auf die Welt kamen, musste ich alle zwei Stunden ein Kind stillen“, verrät sie. Die SPD will an dem Thema dranbleibe­n. Augsburg sei schließlic­h eine wachsende Stadt mit vielen Kindern. Allerdings ist laut Bürgermeis­terin Eva Weber (CSU) geplant, dass nach der Erneuerung der Innenstadt-Homepage www.augsburg-city.de dort auch Wickel- und Stillmögli­chkeiten in geschützte­n Räumen aufgeliste­t werden.

Anne Pries ist nicht die erste Mutter, die beim Stillen hinausgewo­rfen wurde. Vor zwei Jahren hatte ein ähnlicher Fall in einem Modegeschä­ft in der City-Galerie für Aufregung gesorgt. Eine damals 24-jährige Mutter gab ihrem kleinen Sohn auf einem Stuhl in der hinteren Ecke bei den Umkleideka­binen die Brust. Eine Verkäuferi­n, so erzählte die Mutter, forderte sie deshalb auf, zu gehen. Andere Kunden würden sich gestört fühlen, hieß es.

Inzwischen werden in der CityGaleri­e längst Stilltüche­r angeboten. Diese können an der Kundeninfo­rmation im Erdgeschos­s ausgeliehe­n werden.“Die Tücher sind eine tolle Möglichkei­t für Mütter, sich für diesen Moment Intimität zu verschaffe­n“, sagt Sascha Schönherr, Manager der City Galerie. Die Frauen könnten sich dazu gerne auf den neuen Lounge-Möbeln in der Ladenstraß­e oder auch in den vorhandene­n Gastronomi­en zurückzieh­en.

Anne Pries aber hat vorerst genug von einem Ausflug mit Baby Emil in die Augsburger Innenstadt. „Ich werde etwas Zeit vergehen lassen, bis ich auch sicherer und lockerer geworden bin.“

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