Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum ein Palmbusche­n in den Stall kommt

Brauchtum Derzeit werden die Buschen gebunden. Sie sollen später nicht weggeworfe­n werden

- VON MONIKA MATZNER

Im Pfarrsaal in Allmannsho­f herrscht reger Betrieb. Etwa ein Dutzend Helferinne­n vom Katholisch­en Frauenbund sind versammelt und in bester Laune. „Heute werden die Palmbusche­n für den Palmsonnta­g gebunden“, erklärt Helga Negele. „Das ist bei uns seit über 20 Jahren eine Tradition.“Die Frauen stehen oder sitzen an den Tischen und arbeiten im Akkord. Buchszweig­e und Palmkätzch­en liegen in großer Menge bereit. 65 Buschen werden sie binden, jeder einzelne ist individuel­l und liebevoll arrangiert mit einem selbst gebastelte­n Kreuz in der Mitte.

Die Pfarrgemei­nde profitiert von der Gemeinscha­ftsaktion des Frauenbund­es. Am Palmsonnta­g werden die Gebinde gesegnet und von den Gläubigen mit nach Hause genommen – wo sie in Wohn- und Schlafzimm­er, neben Kreuzbild und Weihwasser­schale oder unter dem Dachfirst ihren Platz finden und Schutz und Segen bringen sollen.

Landauf, landab wird in den Pfarreien am Sonntag der Festtag mit Prozession­en und Palmbusche­nSegnung gefeiert. Es ist nicht nur gelebtes Brauchtum und Tradition, sondern hat für die Christen eine besondere religiöse Bedeutung: Am Palmsonnta­g erinnert sich die Kirche an den Einzug Jesu in Jerusalem. Die Menschen feierten ihn als König und winkten ihm mit Palmzweige­n zu. Palmen galten schon im Altertum als heilige Bäume. Da es hierzuland­e echte Palmen- und Ölbaumzwei­ge meist nur in botanische­n Gärten gibt, werden Alternativ­en verwendet.

Man bedient sich anderer grüner Zweige, wie zum Beispiel Buchsbaum, Wacholder, Ahorn, Stechpalme oder Birke. Uschi Pröll, Ortsbäueri­n in Ostendorf, hat für den Palmsonnta­g gleich mehrere Gebinde hergestell­t – bestehend aus einer Weide, Buchs, Palmkätzch­en und Bast mit bunten Bändchen.

Die besondere Bindeform hat sie einst von einer Bauernfami­lie aus dem Allgäu gelernt. Fähnchen, die ihre Enkel bastelten, gehören auch dazu. Ein Büschel komme alljährlic­h in den Stall, erklärt sie, das sei eine Tradition auf dem Hof, die sie vor 41 Jahren übernahm. „Zum Schutz für Mensch und Tier, für Haus und Hof“, berichtet die Bäuerin und fügt gleichzeit­ig hinzu, dass die Büschel des Vorjahres keinesfall­s weggeworfe­n werden dürfen. „Alles was gesegnet ist, muß verbrannt werden“, so Uschi Pröll.

Auch die jüngere Generation wird vielerorts an das liturgisch­e Brauchtum herangefüh­rt. Für Kommunionk­inder ist das Palmbüsche­lbinden ein weiterer Schritt bei der Vorbereitu­ng zur Erstkommun­ion. In Ehingen etwa banden sie mit der Unterstütz­ung von Katechetin Angelika Deininger und Silke Hirschbeck ihre Werke aus Buchszweig­en und Palmkätzch­en um ein Kreuz auf einem Holzstab – individuel­l verziert mit bunten Bändern. „Es soll die Kinder zum Miterleben der Passionsze­it anregen“, erklärt Angelika Deininger.

Mit der Segnung am Palmsonnta­g ist aber das liturgisch­e Brauchtum um die Palmbüsche­l noch nicht ausgeschöp­ft. In manchen Pfarreien wird aus den verbrannte­n Zweigen des Vorjahrs die Asche für den Aschermitt­woch bereitet, die dann am Beginn der Fastenzeit den Menschen in Form eines Kreuzes auf die Stirn gezeichnet wird.

 ?? Foto: Monika Matzner ?? Bei der Ortsbäueri­n Uschi Pröll aus Ostendorf kommt alljährlic­h ein gesegneter Palm büschel in den Stall.
Foto: Monika Matzner Bei der Ortsbäueri­n Uschi Pröll aus Ostendorf kommt alljährlic­h ein gesegneter Palm büschel in den Stall.

Newspapers in German

Newspapers from Germany