Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Wenn es einer schafft, dann wir“
Champions League Das Viertelfinale zwischen dem FC Bayern und Real Madrid gilt als vorweggenommenes Finale. Gelingt es den Münchnern, den Titelverteidiger auszuschalten?
Was für einen Bayern-Trainer Carlo Ancelotti wird man in dem Champions-League-Knaller am Mittwoch um 20.45 Uhr (live im ZDF) gegen dessen Ex-Klub Real Madrid erleben?
Rummenigge: Carlo denkt schon lange an das Spiel, er will unbedingt gewinnen und weiterkommen. Er hat eine schöne Erinnerung, den Champions-League-Sieg in Lissabon. Aber man braucht nicht groß darum herum zu reden: Es wird ein ganz schweres Viertelfinale für uns. Wir werden zwei super Spiele abliefern müssen, um dann die Chance zu haben, ins Halbfinale zu kommen. Wenn es einer schaffen kann, den Running Champion, den Titelverteidiger, auszuschalten, dann vielleicht wir.
Sie haben Carlo Ancelotti ja schon mehrfach als Experten für die Champions League gepriesen. Was macht ihn so stark in der Königsklasse?
Rummenigge: Ich habe beim FC Bayern alles an Trainern erlebt. Was mir an Carlo immer gefällt: mit welcher wirklichen Ruhe und Selbstverständlichkeit er seinen Job bewältigt. Auch als er zwischendurch einmal – und das ist nicht so dramatisch lange her – in der Öffentlichkeit kritisch gesehen wurde, ist er ganz ruhig geblieben und hat schon damals gesagt: „Wir werden im richtigen Moment in einer guten Verfassung sein.“Und er scheint damit durchaus richtig zu liegen.
Es gibt viele individuelle Duelle bei diesem Europapokal-Klassiker, auch das zwischen den Trainern Carlo Ancelotti und Zinedine Zidane. Wie charakterisieren Sie dieses Trainerduell?
Rummenigge: Ich kenne Zidane als Trainer nicht gut genug. Immerhin hat er ja in seinem ersten Jahr sofort die Champions League gewonnen und auch dieses Jahr ist er wieder sehr aussichtsreich im Titelrennen. Zinedine war ja Assistent von Carlo. Die zwei pflegen ein gutes Verhältnis.
Manuel Neuer, der in der vergangenen Woche ins Aufbautraining einstieg, hat wegen seiner Operation einige Spiele verpasst. Könnte das für das Duell gegen Madrid ein Nachteil sein?
Rummenigge:: Er kann spielen, und das ist das einzig Wichtige.
Mit Real kommt auch Toni Kroos nach München zurück. Wie bewerten Sie seine Entwicklung in den letzten Jahren zum Weltklassefußballer?
Rummenigge: Er war bei uns auch schon ein sehr wichtiger, sehr guter Spieler, jetzt ist er ein Weltklassefußballer bei Real geworden. Die Zusammenarbeit hat damals leider nur geendet, weil er im letzten Vertragsjahr war und wir leider keine vertragliche Basis gefunden haben. Daher ist Toni nach Madrid gewechselt.
Für Xabi Alonso oder Philipp Lahm endet spätestens am 3. Juni mit dem Champions-League-Finale in Cardiff die Karriere, Offensivstars wie Franck Ribéry und Arjen Robben sind auch schon älter. Wird es transfertechnisch ein spannender Sommer beim FC Bayern? Niklas Süle und Sebastian Rudy von 1899 Hoffenheim stehen schon als Zugänge fest.
Rummenigge: Wir sind zufrieden, dass wir die beiden verpflichtet haben, weil sie bei Hoffenheim eine sportlich sehr gute Entwicklung genommen haben. Dazu sind beide junge deutsche Nationalspieler. Was die Außenspieler betrifft, sind wir entspannt. Wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit die Kaufoption
bei Coman ziehen. Damit hätten wir auf der rechten Seite neben Arjen den perfekten zweiten Spieler und links haben wir neben Franck Ribéry in Costa auch einen Spieler, der schon bewiesen hat, dass er Spiele fast im Alleingang entscheiden kann.
Und bei den Positionen von Lahm und Alonso?
Rummenigge: Carlo will auf der Lahm-Position Joshua Kimmich einsetzen, und im Mittelfeld haben wir ja schon jetzt sehr viele Optionen.
Also ist Kimmich ein Mann für hinten rechts. Sie haben ja schon wiederholt gesagt, dass er Sie an den jungen Philipp Lahm erinnere.
Rummenigge: Ja das stimmt. Ich kann mich noch gut erinnern, dass Philipp Lahm hier einmal fast weggeschickt worden ist, als er in etwa in Joshuas Alter war. Nach zwei Jahren in Stuttgart kam Philipp als fertiger Nationalspieler zurück. Joshua ist da fast einen Schritt weiter, er ist jetzt schon Nationalspieler. Wir sind überzeugt von ihm und werden ihm auch die Zeit geben, die er braucht.
Gibt es etwas Neues beim Thema Sportdirektor?
Rummenigge: Zu dem Thema gibt es ja viele Spekulationen. Fakt ist lediglich, dass wir in den Gesprächen mit Philipp Lahm sehr weit waren, und es gerne mit ihm gemacht hätten. Er hat dann für uns überraschend abgesagt. Diese Entscheidung gilt es zu respektieren. Er möchte sich jetzt erst mal in nächster Zeit um andere Dinge kümmern. Die Tür ist ja nicht zu. Warten wir mal in aller Ruhe die Entwicklung ab.
Interview: Christian Kunz, dpa
61, ist seit 2002 Vorstandsvorsitzender des FC Bayern. 1974 kam er aus Lippstadt zu den Münchnern. Er war bis zu seinem Wechsel 1984 zu Inter Mailand Profi und National spieler bei den Bayern. Er schoss 162 Tore in 310 Bundesligaspielen.