Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Dortmund will never walk alone
Wenn es die Absicht der Attentäter von Dortmund war, mit ihrem Anschlag auf den Mannschaftsbus des BVB Angst zu schüren und die Menschen gegeneinander aufzubringen, dann haben sie sich das falsche Ziel ausgesucht. Die Dortmunder Fußballfans haben auf die Ereignisse von Dienstagnacht erstaunlich und bewundernswert gefasst reagiert. Genaugenommen freilich nicht anders, als man das von gestandenen Westfalen erwarten darf.
Also sind die Schwarz-Gelben nicht verstört auseinandergelaufen, sondern fest zusammengestanden. So, wie jedes Wochenende 81000 von ihnen in ihrer Arena zusammenstehen. In und um Dortmund herum schlägt das Herz des deutschen Fußballs. Dort ist mehr Tradition und Leidenschaft versammelt als an irgendeinem anderen Flecken der Republik. Hier jagt einem das „You’ll never walk alone“aus zigtausend Kehlen jene Schauer über den Rücken, die es sonst nur in englischen Stadien gibt. Wer hier einen Sprengsatz zündet, bringt die Menschen nur noch näher zusammen.
Man mag das für selbstverständlich halten, für einen sozialen Reflex, der auch andere Felder der Gesellschaft auszeichnet. Den Profisport aber, erst recht die Spezialabteilung Fußball, zeichnen weder Sozialverhalten noch Solidarität aus. Er steht für knallharte Konkurrenz und eine Leistungsgesellschaft, in der Emotionen wenigstens genauso häufig trennen, wie sie zusammenführen.
Dienstagnacht aber war jeder aus der Branche ein Dortmunder. Es regnet Solidaritätsadressen. BVBFans boten Anhängern des AS Monaco kostenlos Logis. Westfälische Hotelbetreiber mit einem schwarz-gelben Herzen beherbergten gestrandete Franzosen ebenfalls zum Nulltarif. Geschichten, die sich in Europa verbreitet haben und die Neue Züricher Zeitung staunen ließen: „Nirgendwo in Dortmund brach Panik aus“, schrieben die Schweizer, den Westfalen in ihrer Schwermut nicht unähnlich.
Den BVB mit seinen Anhängern und den Fußball im Land hat der Anschlag nur stärker gemacht. Dienstagnacht hat der Terror verloren.