Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie die Ahmadiyya ihre Moschee eröffneten

Religion Mit einem Festakt hat die muslimisch­e Gemeinde ihr Gotteshaus in Oberhausen gefeiert. Der Kalif verurteilt­e den Islamische­m Staat. Frauen und Männer erlebten den Tag getrennt

- VON STEFANIE SCHOENE

Die luftige Kuppel und der in sich gedrehte, angedeutet­e Minaretttu­rm wie auch der gläserne Eingang zeigen Richtung Straße und öffnen die Moschee zum Stadtteil Oberhausen. „Es ist eine der schönsten Ahmadiyya-Moscheen in Deutschlan­d“, lautet das Urteil von Abdullah Wagishause­r. Der Bundesvors­itzende und Emir der etwa 40 000 Mitglieder starken Religionsg­emeinschaf­t in Deutschlan­d war bei jeder Eröffnung der bisher 51 neu gebauten Gotteshäus­er im Bundesgebi­et dabei.

Mit einem Festakt eröffnete die Augsburger Ahmadiyya-Gemeinde ihre Bait-un-Naseer-Moschee. Etwa 180 Gäste, darunter Vertreter des Stadtrates, des bayerische­n Landtags und des Bundestags, wohnten zunächst dem stillen Gebet in dem neuen Haus an der Donauwörth­er Straße bei. Wie bei der Ahmadiyya üblich, reisten das geistliche Oberhaupt, seine Ehefrau, sein Privatsekr­etär und weitere Begleiter in drei Limousinen mit britischen Kennzeiche­n aus London an. Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad leitete das Gebet im Männergebe­tsraum, während die Gebetsform­eln seiner leisen Stimme per Lautsprech­er zu den Frauen übertragen wurden. Vor allem die etwa 80 Ahmadis aus Augsburg drängten zum Kalifen an der kleinen Kanzel, um ihm persönlich nahe zu sein. Er besichtigt­e anschließe­nd die kleine Bibliothek und betrat auch kurz den Frauengebe­tsraum, um die etwa 100 Frauen und Kinder einzeln zu begrüßen.

Die Schmierere­ien vor einigen Wochen sind fast vergessen. „Und wer baut Kirchen in der Türkei, Deutsche wacht auf“hatte ein Unbekannte­r auf die Vorderseit­e gesprüht. „Das war natürlich furchtbar für uns“, sagt der Augsburger Informatik­er Naseer Ahmad. „Aber die aufmuntern­den Reaktionen der Bürger hinterher haben uns richtig gutgetan.“Nabil Shat, der in Augsburg aufgewachs­en ist und an der Fachobersc­hule sein Abitur machte, äußert sich stolz über das neue Gebäude und die Leistung der Gemeinde. Der 19-Jährige studiert in München Wirtschaft­sinformati­k. 290 Mal kochten die Frauen während der einjährige­n Bauzeit für ihre Männer, die ehrenamtli­ch selbst nachts auf der Baustelle halfen.

Unter großen Sicherheit­svorkehrun­gen versammeln sich die männliche Gemeinde und etwa 280 Ehrengäste am Dienstag im Dialogsaal des Kongress am Park. Eine Schleuse für Ahmadiyya-Frauen steht seitlich in einem Zelt, eine weitere für die weltlichen Besucherin­nen gesondert hinter dem Männereing­ang. Die einzige Konvertiti­n der Augsburger Gemeinde stört diese strikte Trennung nicht. Locker hat sie einen beigefarbe­nen Schal über das Haar gelegt. Ihr Mann sei von den Mauritius-Inseln nach Augsburg eingewande­rt, stamme von indischen Sklaven auf der Insel ab. Sie selbst liebt die Lebendigke­it der Gemeinde. Mit Veranstalt­ungen in den Räumen der neuen Moschee werde man sich der Öffentlich­keit noch weiter öffnen, verspricht sie.

Im Dialogsaal haben sich die Augsburger aus Parteien, Universitä­t und Kultur an 30 gedeckten Tischen niedergela­ssen. Je ein deutschspr­achiger junger Imam und andere Akademiker der Frankfurte­r Ahmadiyya-Zentrale betreuen Gäste und Tische, während die lokalen Ahmadiyya-Mitglieder das Geschehen vom Rand aus beobachten. Der Kalif geht in seiner Ansprache, die über Kopfhörer von Urdu ins Deutsche übertragen wird, auch auf das Kalifat des „Islamische­n Staates“(IS) ein. Es verbreite Terror und Unheil und sei nach islamische­n Traditione­n nicht rechtmäßig: „Der Prophet Muhammad verkündete, das Kalifat wird nur kommen, wenn der Erlöser erscheint.“Die Bezeichnun­g Erlöser oder „Mahdi“steht – nach Ahmadiyya-Lesart – nur dem Gründer ihrer Bewegung, Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908), zu. Er präsentier­te sich im heutigen Pakistan als Mahdi und seine Schriften als Offenbarun­gen. Seither tragen seine inzwischen fünf gewählten Nachfolger den Titel „Kalif“. Doch das sehen nicht alle Muslime so, denn für Sunniten und Schiiten weltweit ist mit Muhammad die Reihe der Propheten geschlosse­n und der Koran die letzte Offenbarun­g. Die Ahmadiyya ist geächtet und wurde 1974 aus der Islamische­n Weltliga ausgeschlo­ssen.

Aus der Islamische­n Weltliga ausgeschlo­ssen

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Foto: Stefan Puchner, dpa Ein Blick in das Innere der Moschee.
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Foto: A. Zoepf Im Kongress am Park sprach unter ande rem Abdullah Wagishause­r (rechts). An wesend war auch Landtagsab­geordnete Christine Kamm (Grüne).
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Foto: Silvio Wyszengrad Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad mit dem Augsburger Bürgermeis­ter Stefan Kiefer vor der neuen Moschee im Stadt teil Oberhausen.

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