Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Mensch ist Krise
Patrick Wengenroth über sein BB-Festival
Ein Brechtfestivalleiter hat es nicht leicht. Von allen Seiten unter scharfer Beobachtung soll er den roten Faden seines Programms klarer kommunizieren, eine Festivalzentrale einrichten, eine App mit Schauspielerbiografien programmieren, mehr Berühmtheiten einladen, gleichzeitig die lokalen Theatergruppen einbinden und die Abonnenten des Augsburger Theaters als Zuschauer mitnehmen. Patrick Wengenroth respektiert alle Wünsche, die bei einem Gespräch, zu dem der Augsburger Brechtkreis eingeladen hatte, zur Sprache kommen, und bleibt gelassen.
Der gebürtige Hamburger und heutige Berliner inszeniert in der Berliner Schaubühne und zahlreichen Stadttheatern, derzeit in Karlsruhe. Er ist es gewohnt, lokale Besonderheiten zu berücksichtigen und dennoch sein eigenes Kunstverständnis umzusetzen. Satt sein, sich zufriedengeben mit der eigenen Position geht nach Wengenroth nicht. „Der Mensch ist Krieg und Krise ist immer“– das Brecht-Zitat versteht er als Daueraufforderung, nicht am Utopischen zu klammern, sondern die Widersprüche des Lebens zu zeigen.
So stürzte die für ein Theaterpublikum provokante Doppeleröffnung des letzten Brechtfestivals in ein Dilemma: Wo teilnehmen - Inklusionstheater Ramba Zamba auf der Brechtbühne oder „Die Maßnahme“im Gaswerk? „Die Zuschauer mussten sich im Vorfeld mit beidem beschäftigen und entscheiden. Das spiegelt unsere Zerrissenheit“, so Wengenroth.
Fürs nächste Jahr zielt er wieder auf ein oder zwei Eigenproduktionen. Neu ist die Idee, Tanz auf die Brechtbühne bringen. Das FestivalMotto wird ein Zitat aus dem „Fatzer“liefern. Brechts Textfragment „Der Untergang des Egoisten Fatzer“dreht sich um den traumatisierten Soldaten Johann Fatzer, der im Ersten Weltkrieg desertiert.
Als Programmspielorte gelten bisher neben den herkömmlichen Bühnen auch das Grand Hotel und der Provino Club als gesetzt. Da die Martini-Halle fertig sein wird, könnte sich ein lang gehegter Publikumswunsch erfüllen: eine Festivalzentrale, wenn auch eine mobile. Sie könnte sich tageweise im Dreieck Sensemble, Provino Club sowie dem Tim etablieren und würde so die Wanderbewegungen, die das Stadttheater machen muss, aufnehmen. Viel Zeit zur Planung bleibt nicht, sagt Wengenroth: Bis zum Sommer müssen die großen Events stehen, die flankierenden kleineren Formate werden im Herbst fertig sein. Die Vielfalt des Programms will er erhalten: „Elfenbeinturm-Theater ist nicht mein Ding. Die einzelnen Liveereignisse sollen auch für sich stehen können und alle erreichen.“