Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jesus war kein dauerlächelnder Hippie
Literatur Pfarrer und Hochschulprofessor Thomas Schwartz überrascht mit seinem neuen Buch die Leser. Sie erfahren, warum auch der Sohn Gottes bisweilen schlechte Laune hatte
Mering Pfarrer Thomas Schwartz ist für seine gute Laune bekannt. Jedes Jahr erzählt er in der Osternacht einen Witz. Das Osterlachen ist in vielen Pfarreien guter Brauch und Schwartz sucht dazu immer nach einer ganz besonders lustigen Anekdote. Dass aber sogar sein oberster Herr auch einmal wütend sein konnte und ihm manches Mal nicht zum Lachen war, darüber hat der Seelsorger und Universitätsprofessor nun ein Buch geschrieben mit dem Titel „Auch Jesus hatte schlechte Laune“.
Die Idee dazu ist ebenfalls in einer Osternacht entstanden. Schwartz hatte eine Predigt genau zu diesem Thema gehalten und Simon Biallowons, Programmleiter im HerderVerlag, hat sie gehört und ihn eingeladen, darüber doch ein Buch zu schreiben. Insgesamt vier Wochen hat Schwartz dazu gebraucht, um 16 Geschichten aus der Bibel aufzugreifen, die einen ganz anderen Blick auf die scheinbar gut bekannten Schilderungen des Alten und Neuen Testaments geben.
Seine Ausführungen animieren dazu, den Blickwinkel zu ändern, noch einmal genauer hinzuschauen und zu erkennen: In der Bibel ist vieles enthalten, das auch über 2000 Jahre später nicht an Aktualität verloren hat. „Gerade die Vielfalt und Konstanz der Auseinandersetzung mit dem ,Buch der Bücher‘ macht es für uns heutige glaubende und suchende Menschen noch immer zu einer Quelle von Überraschungen“, schreibt Schwartz in der Einleitung seines neuesten Werks.
Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass es bereits vor Christi Geburt schon die psychische Erkrankung „Burn-out“gab? „Sie ist kein Phänomen der Neuzeit“, sagt Schwartz. Und so schildert er den müden Elija, der nach vielen Rückschlägen und Konflikten völlig ausgepowert einschläft. „Bevor in den 1970er Jahren der Begriff Burn-out geprägt wurde, hat man in der Psychologie die Bezeichnung ’Elija-Müdigkeit‘ verwendet“, so Schwartz.
In seinen Texten setzt er bewusst auf eine moderne Sprache. Schwartz wird aber nie flapsig oder fällt in anbiedernden Jugendslang. Sein neuestes Buch ist auch für Nichttheologen ein wahrer Schatz an neuen Erkenntnissen. „Viele kennen die Geschichten, die ich aufgreife. Nur setzen sie diese nicht mehr in den aktuellen Bezug“, sagt der Geistliche, der viele Jahre nah an jungen Menschen von heute war: als Seelsorger der Katholischen Hochschulgemeinde im Augsburger Univiertel.
So stellt er Jesus nicht als hochgeistigen, abgehobenen Messias dar, sondern als Mensch, der mitten im Leben steht. Und da gehört es sich dann auch, dass „Jesus gerne Party macht“. Er greift zahlreiche Stellen im Neuen Testament auf, die belegen, dass Jesus gerne zusammen mit den Menschen feierte, sei es bei der Hochzeit zu Kana, beim Festmahl mit dem Zöllner Zachäus oder beim letzten Abendmahl mit seinen Freunden. „Jesus selbst spricht davon, dass ihn seine Kritiker als ,Fresser und Säufer‘ bezeichneten“, erklärt Schwartz in diesem Kapitel.
Während es für andere harte Arbeit ist, ein Buch zu schreiben, sieht es der 52-Jährige als Urlaubsbeschäftigung: „Dann habe ich genügend Muse und den Kopf frei für solche Dinge.“So wie andere ihren Körper fit halten müssen, so gehe es ihm mit seinem Geist. Er sitze dann gerne mal am Strand unter einem Sonnenschirm, aber seine schwarze Kladde und seinen Füller hat er immer dabei. Schwartz schreibt alle seine Bücher zuerst von Hand in diese kleinen Büchlein und erst später gibt er sie dann noch einmal in den PC ein. „Damit überarbeite ich meine Gedanken und gehe alles ein zweites Mal durch.“
Und wie war das nun mit Jesus und seiner schlechten Laune? „Jesus war kein dauerlächelnder PeaceHippie, der immer alle lieb hatte“, sagt Schwartz. Er war nicht nur höchst anspruchsvoll, er konnte sogar richtig sauer werden. „Das wird im Markus-Evangelium deutlich“, sagt Schwartz. Jesus hatte auf seinem Weg nach Jerusalem Hunger und sah aus der Ferne schon einen Feigenbaum. Der trug aber keine Früchte und da fluchte Jesus: „In Ewigkeit soll niemand mehr eine Frucht von dir essen.“Mit hungrigem Magen und düsterer Stimmung kommt Jesus schließlich im Tempel von Jerusalem an. Als er dort auf die Händler und Geldwechsler trifft, die nicht zum Beten, sondern zum Handeltreiben im Tempel sind, wird er ungewohnt rabiat. Er wirft ihre Verkaufsstände um und bedroht sie sogar mit körperlicher Gewalt.
Und wie sieht es mit der schlechten Laune bei Schwartz selbst aus? Miesepetrig sei er nur sehr selten und meist verfliegt der Ärger ganz schnell: „Ich mag es, wenn man unterschiedlicher Meinung ist und man dann im gemeinsamen Dialog übereinkommt.“O
„Auch Jesus hatte schlechte Laune“von Thomas Schwartz ist im Verlag Herder erschienen, ISBN Nr. 978 3 451 376669 6, und im Buch handel sowie auch als E Book erhältlich.