Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Wer Orte meidet, ist in seiner Freiheit eingeschränkt“
Interview Was Polizeipräsident Michael Schwald zu Ängsten der Bürger sagt – und worüber auch er sich Sorgen macht
Die Polizei betont immer wieder, die Sicherheitslage sei gut. Trotzdem scheint das Sicherheitsgefühl vieler Menschen zuletzt gelitten zu haben.
Ja. Es gibt einen Unterschied zwischen gefühlter Sicherheit und unseren Zahlen. Das ist aber kein regionales Phänomen. Objektiv ist die Sicherheitslage sehr gut. Bei einem Thema, das viele Bürger verunsichert, haben wir im vorigen Jahr sogar eine Verbesserung erreicht: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ging zurück. Zur Sicherheit gehört aber auch die subjektive Seite. Deshalb nehmen wir die Ängste und Sorgen der Menschen ernst.
Was bedeutet das konkret?
Dazu muss man sich anschauen, welche Faktoren das Sicherheitsgefühl im konkreten Fall beeinflussen. Nehmen wir die aktuelle Debatte um die Nutzung öffentlicher Plätze in der Innenstadt. Das Verhalten bestimmter Gruppen kann dafür sorgen, dass manche Menschen bestimmte Orte meiden. Das schränkt die persönliche Freiheit ein. Deshalb nehmen wir das ernst und reagieren, zum Beispiel durch verstärkte Präsenz an diesen Orten. Wir setzen uns auch mit anderen Akteuren in der Stadt zusammen, um an Lösungen zu arbeiten.
Was kann die Polizei noch tun, um das Sicherheitsgefühl zu verbessern?
Wir legen großen Wert auf Prävention. Hier haben wir viele Angebote für unterschiedliche Altersgruppen. Das reicht von Beratungen zum Thema Einbruch über Schulungen in Zivilcourage bis zu Kursen an den Schulen. Über 23 000 Menschen haben diese Veranstaltungen voriges Jahr besucht. Ein wichtiger Punkt ist auch das direkte Wohnumfeld. Wenn Stadtteile verwahrlosen, was bei uns zum Glück nicht der Fall ist, wirkt sich das negativ auf das Sicherheitsgefühl aus. Deshalb ist es wichtig, das Thema Graffiti im Fokus zu behalten.
Ist die Angst vor möglichen terroristischen Anschlägen für Sie ein Thema?
Natürlich ist das ein ganz wichtiges Thema für uns. Wir haben deshalb zum Beispiel die Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen angepasst. So wurden im Herbst die Taschenkontrollen auf dem Plärrer eingeführt und wir planen in diesem Jahr eine Videoüberwachung bei den Augsburger Sommernächten. Wir tun das, wovon wir uns einen echten Gewinn in Sachen Sicherheit versprechen. Es geht uns nicht um Placebos, nur um die Menschen zu beruhigen. Und natürlich muss man auch ganz offen kommunizieren, dass es hundertprozentige Sicherheit nicht gibt.
Was sagen Sie zur starken Zunahme bei Straftaten von Zuwanderern?
Es gibt eine starke Zunahme, das stimmt. Dafür gibt es teils Erklärungen – etwa, dass überwiegend junge Männer zu uns gekommen sind. Diese Gruppe neigt eher zu Straftaten. Dazu kommt, dass eine Vielzahl von Zuwanderern voriges Jahr hier war, teils auch nur auf der Durchreise. Ich will das aber auch nicht beschönigen. Es ist eine Entwicklung, die uns Sorgen bereitet und die wir genau im Blick behalten müssen. Gemeinsam mit der Justiz verfolgen wir das Ziel, dass wir Strafverfahren möglichst schnell abschließen. Interview: Jörg Heinzle
Der Jurist 49, ist seit 2013 Präsident des Polizei präsidiums Schwaben Nord. Er ist gebürtiger Augsburger und lebt mit seiner Familie in der Stadt.