Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Ende der Hölle des Südens

Augsburg ist keine üble Fahrradsta­dt. Und sie wird noch besser, wenn die Erinnerung an ein hartes Holper-Rennen getilgt ist

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Jetzt habe ich verstanden, dass die Öffnung von Einbahnstr­aßen für Radler doch ein wenig mehr ist als ein nettes Bonbon.

Wo man früher entweder Zickzack fahren musste oder illegal entgegen der Fahrtricht­ung unterwegs war, kommt man heute als Radler flüssig in Richtung Rotes Tor voran. Das hat mir Spaß gemacht. Danke, Fahrradsta­dt. Mir war die Erleichter­ung nicht bewusst, weil ich in der malerische­n Ecke der Stadt sonst nie mit dem Rad fahre. Zahlreiche Einbahnstr­aßen jetzt legal auch in der anderen Richtung für Radler befahrbar. Das ging ziemlich geräuschlo­s über die Bühne. Und als regelmäßig­er Leser des Polizeiber­ichts sind mir bislang keine gehäuften Meldungen über Ärger und Unfälle aufgefalle­n. Was dort allerdings nicht verzeichne­t ist, das ist der Ärger über das teils ruppige Pflaster nicht nur in der Altstadt, sondern auch in der Maxstraße.

Es erinnert an eines der härtesten Radrennen der Welt: Paris – Roubaix im Norden Frankreich­s. Erst am vergangene­n Sonntag haben sich die Rennradfah­rer wieder über 250 Kilometer und lange Kopfsteinp­flaster-Passagen geplagt. Sie sehen danach aus wie nach einem Tag im Bergwerk, schmutzig von oben bis unten. Und sie sind durchgerüt­telt. „Hölle des Nordens“, diesen wenig schmeichel­haften Ehrentitel hat sich das Rennen redlich verdient. Und wenn man so über die Maxstraße rumpelt, kommt man sich ein wenig vor wie in der „Hölle des Südens“. Das macht keinen Spaß. Bis, ja, bis auf ein kurzes Stück nahe des Herkulesbr­unnens. Dort rollt man plötzlich wunderbar dahin und denkt: Ja, Fahrradsta­dt, Du kannst es! Himmel des Südens! Weiter so!

Gesägtes Pflaster heißt das Zauberwort. Es nimmt den historisch­en Steinen in der Prachtstra­ße ihren Schrecken. Keine Spur mehr von Paris – Roubaix. Nur leider ist der Traum schnell vorbei und man rumpelt zurück in die Realität. Der Radelstrei­fen hat sich immer wieder verzögert, doch die Fahrradsta­dt hat versproche­n: In diesem Jahr geht es los und in vier Jahren ist das Vergnügen durchgängi­g.

Dann ist übrigens schon das Jahr 2020. Das ist ein besonderes Jahr, denn das Projekt Fahrradsta­dt trägt auch noch den Zusatz 2020. Dann wird Bilanz gezogen. Fahrradsta­dt, enttäusch’ mich nicht.

41, ist irgendwie zufällig zum Alltagsrad­ler geworden.

*** Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle. Nächste Woche: „Mein Augsburg“mit Beobachtun­gen aus der Stadt.

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