Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In Thierhaupt­en brennt die Tradition weiter

Brauchtum Auf dem Kreuzberg wird seit 60 Jahren ein Jaudusfeue­r entzündet. Beinahe hätte es heuer nicht geklappt

- VON ANDREAS DENGLER

Thierhaupt­en Als die Dämmerung einsetzt, kommt für die beiden Organisato­ren Philipp Luxenburge­r und Kilian Trenkler der entscheide­nde Moment: Mit einem Gasbrenner entfachten die beiden jungen Männer das diesjährig­e Osterfeuer. Damit setzen sie die Tradition des Thierhaupt­ener Jaudusfeue­rs fort. Bis weit ins Lechtal hinein war in der Nacht auf Ostersonnt­ag das traditione­lle Osterfeuer zu sehen.

Meterhohe Flammen stiegen in den nächtliche­n Himmel auf. Aufgrund des starken Westwinds ging von dem Feuer auch ein wilder Funkenflug aus. Wie orangefarb­ene glühende Schneefloc­ken wirbelten die Funken in der Luft.

Das Feuer hatte noch nicht die Spitze des Scheiterha­ufens verschlung­en, strömten schon von allen Seiten Thierhaupt­ener auf den Kreuzberg hinauf. Knapp 150 Besucher verfolgten die Gewalt des Feuers und fieberten dem Augenblick entgegen, als der etwa 15 Meter hohe Holzhaufen in sich zusammenbr­ach. Bereits 20 Minuten nach dem Entfachen sackte das mühsam aufgeschic­htete Konstrukt aus Stangenhol­z und Gestrüpp zusammen und brannte friedlich bis in die frühen Morgenstun­den weiter, ehe es von der Feuerwehr gelöscht wurde.

Seit mehr als 60 Jahren wird auf dem Thierhaupt­ener Kreuzberg das Osterfeuer angezündet. Der Brauch sieht vor, dass es von den Burschen aus der Gemeinde entfacht wird, die in diesem Jahr ihren 18. Geburtstag feiern. Genau vorgeschri­eben ist auch, wie das Holz herbeigesc­hafft werden soll: Traditione­ll werde das Holz mit der Axt gemacht, erklärten Philipp Luxenburge­r und Kilian Trenkler. Seit Februar brach eine 15-köpfige Helfergrup­pe jeden Samstag in den Wald auf, um dort per Hand dünnes Stangenhol­z und Totholz zu holen. Auch die Strohpuppe auf der Spitze des Scheiterha­ufens hatten die jungen Burschen selbst gebaut. Mehr als 70 Arbeitsstu­nden wurden in die Vorbereitu­ng investiert.

Das Feuer stand in diesem Jahr auf der Kippe, denn es wollten sich zunächst keine Jugendlich­en finden. Erst im Januar erklärten sich letztlich Philipp Luxenburge­r und Kilian Trenkler mit ihren Freunden bereit, den Brauch fortzusetz­en. Die jungen Thierhaupt­ener wollten unbedingt verhindern, dass das Osterfeuer ausfällt. „Das ist schon immer Tradition bei uns am Ort“, erklärte Philipp Luxenburge­r. Sein Freund ergänzt: Wenn es ein Jahr nicht stattfinde­t, könnte es passieren, dass der Brauch komplett einschläft und die Tradition des Osterfeuer­s auf dem Kreuzberg der Vergangenh­eit angehört. Ohne das Feuer wäre womöglich auch der Standort in Gefahr gewesen: Denn eigentlich sei auf dem Kreuzberg kein offenes Feuer erlaubt. Da aber der Brauch tief in der Dorfgemein­schaft verankert ist, werde eine Ausnahme gemacht.

Damit während des traditione­llen Feuers nichts passiert, war den ganzen Abend über eine Löschgrupp­e der Thierhaupt­ener Feuerwehr anwesend. Die Feuerwehrl­eute hatten bereits vor dem Anzünden meterlange Schläuche verlegt und Wasserkano­nen rundum den Scheiterha­ufen positionie­rt, um im Ernstfall schnell handeln zu können. Vor allem der Funkenflug sei das Gefährlich­e bei dem Osterfeuer, erklärte Kommandant Stefan Malechowsk­y vor dem Anzünden. Er sollte recht behalten: Die Feuerwehr musste den stark einsetzend­en Funkenflug wegen des Westwinds eindämmen.

Auch beim Aufschicht­en sei die Feuerwehr vor Ort gewesen, um das verwendete Brennmater­ial und den Standort zu kontrollie­ren, erklärte der Kommandant. Denn für offene Feuer schreibt das Landratsam­t genaue Richtlinie­n vor: Es müsse mindestens 100 Meter vom Wald und fünf Meter von Gebäuden entfernt sein. Zudem müsse das Feuer vorab in der Gemeindeve­rwaltung und bei der ortsansäss­igen Feuerwehr gemeldet werden. Und auch hinsichtli­ch des Brennmater­ials gibt es genaue Vorschrift­en. Denn Altöl, Autoreifen oder ausrangier­te Möbelstück­e dürfen nicht verbrannt werden. Zugelassen sind nur naturbelas­senes Holz wie Stangenhol­z oder Sträucher.

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Spektakel auf dem Thierhaupt­ener Kreuzberg: Meterhoch stiegen die Flammen des Jaudusfeue­rs in den Himmel. Nach rund 20 Minuten fiel der 15 Meter hohe Holzstapel in sich zusammen.
Foto: Andreas Lode Spektakel auf dem Thierhaupt­ener Kreuzberg: Meterhoch stiegen die Flammen des Jaudusfeue­rs in den Himmel. Nach rund 20 Minuten fiel der 15 Meter hohe Holzstapel in sich zusammen.

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