Augsburger Allgemeine (Land Nord)
In Thierhaupten brennt die Tradition weiter
Brauchtum Auf dem Kreuzberg wird seit 60 Jahren ein Jaudusfeuer entzündet. Beinahe hätte es heuer nicht geklappt
Thierhaupten Als die Dämmerung einsetzt, kommt für die beiden Organisatoren Philipp Luxenburger und Kilian Trenkler der entscheidende Moment: Mit einem Gasbrenner entfachten die beiden jungen Männer das diesjährige Osterfeuer. Damit setzen sie die Tradition des Thierhauptener Jaudusfeuers fort. Bis weit ins Lechtal hinein war in der Nacht auf Ostersonntag das traditionelle Osterfeuer zu sehen.
Meterhohe Flammen stiegen in den nächtlichen Himmel auf. Aufgrund des starken Westwinds ging von dem Feuer auch ein wilder Funkenflug aus. Wie orangefarbene glühende Schneeflocken wirbelten die Funken in der Luft.
Das Feuer hatte noch nicht die Spitze des Scheiterhaufens verschlungen, strömten schon von allen Seiten Thierhauptener auf den Kreuzberg hinauf. Knapp 150 Besucher verfolgten die Gewalt des Feuers und fieberten dem Augenblick entgegen, als der etwa 15 Meter hohe Holzhaufen in sich zusammenbrach. Bereits 20 Minuten nach dem Entfachen sackte das mühsam aufgeschichtete Konstrukt aus Stangenholz und Gestrüpp zusammen und brannte friedlich bis in die frühen Morgenstunden weiter, ehe es von der Feuerwehr gelöscht wurde.
Seit mehr als 60 Jahren wird auf dem Thierhauptener Kreuzberg das Osterfeuer angezündet. Der Brauch sieht vor, dass es von den Burschen aus der Gemeinde entfacht wird, die in diesem Jahr ihren 18. Geburtstag feiern. Genau vorgeschrieben ist auch, wie das Holz herbeigeschafft werden soll: Traditionell werde das Holz mit der Axt gemacht, erklärten Philipp Luxenburger und Kilian Trenkler. Seit Februar brach eine 15-köpfige Helfergruppe jeden Samstag in den Wald auf, um dort per Hand dünnes Stangenholz und Totholz zu holen. Auch die Strohpuppe auf der Spitze des Scheiterhaufens hatten die jungen Burschen selbst gebaut. Mehr als 70 Arbeitsstunden wurden in die Vorbereitung investiert.
Das Feuer stand in diesem Jahr auf der Kippe, denn es wollten sich zunächst keine Jugendlichen finden. Erst im Januar erklärten sich letztlich Philipp Luxenburger und Kilian Trenkler mit ihren Freunden bereit, den Brauch fortzusetzen. Die jungen Thierhauptener wollten unbedingt verhindern, dass das Osterfeuer ausfällt. „Das ist schon immer Tradition bei uns am Ort“, erklärte Philipp Luxenburger. Sein Freund ergänzt: Wenn es ein Jahr nicht stattfindet, könnte es passieren, dass der Brauch komplett einschläft und die Tradition des Osterfeuers auf dem Kreuzberg der Vergangenheit angehört. Ohne das Feuer wäre womöglich auch der Standort in Gefahr gewesen: Denn eigentlich sei auf dem Kreuzberg kein offenes Feuer erlaubt. Da aber der Brauch tief in der Dorfgemeinschaft verankert ist, werde eine Ausnahme gemacht.
Damit während des traditionellen Feuers nichts passiert, war den ganzen Abend über eine Löschgruppe der Thierhauptener Feuerwehr anwesend. Die Feuerwehrleute hatten bereits vor dem Anzünden meterlange Schläuche verlegt und Wasserkanonen rundum den Scheiterhaufen positioniert, um im Ernstfall schnell handeln zu können. Vor allem der Funkenflug sei das Gefährliche bei dem Osterfeuer, erklärte Kommandant Stefan Malechowsky vor dem Anzünden. Er sollte recht behalten: Die Feuerwehr musste den stark einsetzenden Funkenflug wegen des Westwinds eindämmen.
Auch beim Aufschichten sei die Feuerwehr vor Ort gewesen, um das verwendete Brennmaterial und den Standort zu kontrollieren, erklärte der Kommandant. Denn für offene Feuer schreibt das Landratsamt genaue Richtlinien vor: Es müsse mindestens 100 Meter vom Wald und fünf Meter von Gebäuden entfernt sein. Zudem müsse das Feuer vorab in der Gemeindeverwaltung und bei der ortsansässigen Feuerwehr gemeldet werden. Und auch hinsichtlich des Brennmaterials gibt es genaue Vorschriften. Denn Altöl, Autoreifen oder ausrangierte Möbelstücke dürfen nicht verbrannt werden. Zugelassen sind nur naturbelassenes Holz wie Stangenholz oder Sträucher.