Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Plötzlich hieß es, die Mauer ist offen. Und ich stand da mit meinem Preis.“
Jahre als Barpianist in Augsburg und München. Heute ist Ralf Wengenmayr einer der bekanntesten Filmkomponisten Deutschlands, insbesondere wegen seiner Arbeiten für die Filme von Michael „Bully“Herbig, allen voran „Der Schuh des Manitu“.
Auch wenn er das Klavierspiel von der Pike auf gelernt hat – als Komponist ist der 52-Jährige, daraus macht er kein Geheimnis, ein Autodidakt. „Damals in den 80ern hab ich bei den Stücken, die Eindruck auf mich machten, analysiert: Wie machen das die Komponisten?“Mit dieser Methode eignete er sich sein Handwerk an, und dass diese persönliche Schule für ihn die richtige war, zeigte der Deutsche Filmmusik-Wettbewerb 1989, bei dem er einen ersten Preis erhielt. An die Verleihung in Berlin erinnert er sich noch genau. „Das war am 9. November. Plötzlich hieß es, die Mauer ist offen. Alle waren elektrisiert, und ich stand da mit meinem Preis in der Hand.“
Es dauerte aber noch fünf Jahre, bis Wengenmayr, gebürtiger Augsder burger, seinen ersten Job erhielt – ein Auftrag des ZDF für die Serie „Alle meine Töchter“. Von da an war er drin im Geschäft, auch wenn noch Jahre vergehen sollten bis zur ersten Zusammenarbeit mit Bully Herbig im Film „Erkan & Stefan“(2000). Der Kino-Erfolg mit dem „Schuh des Manitu“im darauf folgenden Jahr brachte vollends den Durchbruch; seither muss sich Wengenmayr nicht mehr selbst um Aufträge bemühen, die Angebote kommen ins Haus. „Was nicht heißt, ich würde mich nicht davor fürchten, dass es irgendwann mal wieder anders werden könnte.“Akute Gefahr ist nicht in Sicht.
Wengenmayr sieht sich als Film- komponist alter Schule. Er liebt die großen, für ein klassisches Orchester geschrieben Scores, wie die Filmpartituren im Englischen heißen. Natürlich schreibt er auch fürs Fernsehen, aber da liegt der Schwerpunkt mehr auf dem Atmosphärischen und somit auf überwiegend elektronisch erzeugten Klängen. Wengenmayr gibt nicht nur klanglich dem satten Sound eines Sinfonieorchesters den Vorzug, sondern – mit Faible für die komplexe Schreibweise großer Filmmusik – auch stilistisch. Wegen Technik der Leitmotive etwa, die bestimmten Personen oder Situationen zugeordnet sind und oft einen ganzen Film überspannen.
Dabei tut sich für den Komponisten immer und immer wieder ein Konflikt auf: Einerseits verlangt es das Handwerk, das Kinopublikum emotional zu packen, was zum Rückgriff auf standardisierte Formeln zwingt: große Intervalle etwa, wo geschmachtet wird; eng beieinander liegende Tonschritte, wo Spannung erzeugt werden soll. Auf der anderen Seite ist da aber auch der Anspruch des Künstlers, der Originäres schaffen will. „Ein ständiger Zwiespalt“, ächzt Wengenmayr.