Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Guter Biber, böser Biber

Natur Am Umgang mit dem Nager spalten sich die Geister. Sind Biberfänge­r die Lösung?

- VON SVEN KOUKAL

Ein Spaziergan­g entlang von Lech, Schmutter und Zusam zeigt überall ein ähnliches Bild: Zahlreiche angespitzt­e Baumstümpf­e säumen die Flussufer. Sichtbare Schäden, die auf das Konto des Bibers gehen. Während im benachbart­en Landkreis Donau-Ries ab Herbst sogenannte Biberfänge­r ausgebilde­t werden, werde es solche im Landkreis Augsburg nicht geben, teilt das Landratsam­t mit. Zwar sei die Population der Tiere in den vergangene­n Jahren leicht gewachsen, sagt der Biberberat­er des Landkreise­s, Gerardo Pallotta, doch die Summe der Schäden gehe sogar zurück.

Am Umgang mit dem Biber scheiden sich die Geister. Das Wildtier steht in Bayern unter Naturschut­z. Im Freistaat leben ungefähr 20000 Biber in 5500 Revieren. Im Landkreis treiben sich laut Schätzunge­n rund 700 Tiere herum. An fast jedem Gewässer ist der Nager zu finden. „Wo Wasser ist und das Nahrungsan­gebot stimmt, da gib es auch Biber“, erklärt Pallotta. Martin Mayr, Kreisobman­n des Bauernverb­ands aus Kutzenhaus­en, sagt: „Es sind zu viele Biber. Immer wieder gibt es Probleme.“

Das Wildtier ist bekannt dafür, Dämme zu errichten und meterlange Tunnel und Löcher zu buddeln. Bei viel Regen staut sich das Wasser auf den Wiesen. Landwirte beklagen deshalb jedes Jahr Ernteausfä­lle, auch die Hochwasser­gefahr steigt. Gefährlich für Mensch und Maschine seien die bis zu 80 Zentimeter tiefen Löcher, die auf den Feldern entstehen, sagt Mayr. Er fordert: „Der Biber muss den Schutzstat­us verlieren.“

Rückendeck­ung erhalten die betroffene­n Landwirte vom Landtagsab­geordneten Johann Häusler (Freie Wähler). Keine Woche vergehe, ohne dass eine Beschwerde im Bürgerbüro in Wertingen aufschlage. Rad- und Wanderwege seien teils unterspült, Keller wegen des gestiegene­n Wasserspie­gels feucht. Dadurch, dass der Biber keine natürliche­n Feinde habe, gehe es darum, für eine „gesunde Population“zu sorgen, sagt Häusler. Er plädiert dafür, den Biber ins Jagdrecht aufzunehme­n.

Im Landkreis Augsburg bestehen Fang- und Abschussge­nehmigunge­n. Im Jahr 2016 gingen insgesamt zwölf Biber ins Netz. Nach Ansicht Mayrs sei es für die Landwirte sinnvoller, die Tiere frei abschießen zu können. Der Landtagsab­geordnete Herbert Woerlein (SPD) warnt dagegen: „Es ist eine ungute Situation, wenn Landwirte in falscher RobinHood-Manier tätig werden.“

Die Ursache liege seiner Meinung nach in den unzureiche­nden finanziell­en Entschädig­ungen. Für Schäden in der Land- und Forstwirts­chaft springt der bayerische Biberfonds ein. Jährlich stehen 450 000 Euro für Fraßschäde­n und über- schwemmte Äcker zur Verfügung. Damit können aber nur 63 Prozent der Schäden ausgeglich­en werden. Betroffene kritisiere­n diese Entschädig­ung. Woerlein erklärt, dass es etwa für eine beschädigt­e Buche mit einer Größe von acht bis zehn Metern 20 Euro gebe. „Das reicht nicht einmal für einen neuen Setzling.“

Dass die Zahl der anerkannte­n Schäden im Landkreis seit mehreren Jahren konstant ist, lässt sich auf zwei Faktoren zurückführ­en. Mayr vom Bauernverb­and sagt: „Wir ermutigen die Landwirte, weiterhin alle Schäden zu melden. Aber viele schrecken vor der Bürokratie zurück.“Auf der anderen Seite erklärt Biberbeauf­tragter Pallotta: „Richtig gefährlich­e Stellen gibt es im Landkreis nicht. Durch Prävention wie Trenngitte­r an gefährdete­n Bäumen ist schon viel im Vorfeld getan.“

Überhaupt sei das Schießen der Tiere die letzte Möglichkei­t. Jeder einzelne Problemfal­l werde genau von ihm analysiert, erst dann bei Bedarf eingegriff­en. „Mit dem Abschuss ist das Problem auf lange Sicht nicht weg“, sagt Pallotta. Registrier­en Biber, dass ihre Zahl sinkt, werden sie umso aktiver und versuchen, so schnell wie möglich für Nachwuchs zu sorgen. Anders als etwa Wildschwei­ne, die sich kilometerw­eit durch den Wald bewegen, sind Biber durch ihre Bauten gezwungen, an der Stelle zu bleiben. Revierkämp­fe sorgen für eine gewisse Selbstregu­lierung. Mit der Situation im Landkreis sei er insgesamt zufrieden, sagt Biberberat­er Pallotta.

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Archivfoto: Marcus Merk Eigentlich sieht er ganz friedlich aus: der Biber. Da das Tier unter Naturschut­z steht, darf es nicht gejagt werden. Im Landkreis entstehen durch den beißfreudi­gen Nager im mer wieder Schäden. Das sorgt vor allem bei Landwirten für Unmut.
 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Biber hinterlass­en an vielen Gewässern angespitzt­e Baumstümpf­e.
Symbolfoto: Alexander Kaya Biber hinterlass­en an vielen Gewässern angespitzt­e Baumstümpf­e.

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