Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Hobby mit Ansteckung­sgefahr

Porträt Werner Prähofer aus Gersthofen sammelt Fußballver­einsnadeln und bastelt an Chronik. Fertig ist er noch lange nicht

- VON TANJA WURSTER

Ein Fußballexp­erte im klassische­n Sinn ist er nicht. Und doch gilt diesem Sport seine ganze Leidenscha­ft, wenn auch auf eher ungewöhnli­che Art und Weise. Werner Prähofer aus Gersthofen sammelt Vereinsnad­eln von Fußballver­einen. Die Sammlung des 62-Jährigen umfasst 1400 Abzeichen schwäbisch­er Fußballver­eine, auf denen sein Fokus liegt. Dazu kommen einige von Eislaufver­einen, von Olympiaden und Turnverein­en.Er hatte schon einmal weit mehr, über 4000 Stück. Darunter waren viele Nadeln von Verbänden und Vereinen aus dem Ausland, die er wieder „abgestoßen“hat.

Auch die Geschichte „seiner“Vereine fasziniert Werner Prähofer. Über Jahre hinweg hat er in einem prall gefüllten Aktenordne­r die Daten sämtlicher Fußballver­eine von Oberallgäu bis Donau-Ries aufgeliste­t. Wann ist der Verein entstanden, wurde er im Laufe der Jahre umbenannt oder aufgelöst, entstand vor Ort ein neuer Verein oder gibt es jetzt eine Spielergem­einschaft zweier ursprüngli­ch eigenständ­iger Vereine? All diese Fragen kann Werner Prähofer beantworte­n. Seine Chronik umfasst zudem auch die Zahlen einiger Turnverein­e. „Viele Fußballclu­bs wurden erst als Abteilunge­n in den Turnverein­en gegründet“, erklärt er.

Zum Sammeln kam Werner Prähofer über Helmut Haller. Ein Kollege von ihm kannte den Augsburger Profifußba­ller persönlich. Während dessen Zeit in Italien brachte er bei Besuchen in der Heimat Vereinsnad­eln mit, die über diesen Kollegen den Weg zu ihm fanden. Eine Nadel von Juventus Turin weckte Prähofers Sammelleid­enschaft. „Damals dachte ich noch, ich bin der einzige Verrückte“, sagt er und lacht. Als er über eine Kleinanzei­ge in der Zeitung weitere Vereinsnad­eln suchte, meldeten sich zwei Sammler aus der Region.

Einer aus Schwabmünc­hen brachte ihn zur „Interessen­sgemeinsch­aft der Sammler von Fußball-Emblemen in Europa von 1973“. Inzwischen gehört Werner Prähofer seit über 30 Jahren diesem Verein an, der seinen Sitz in Frankfurt hat. Die rund 250 Mitglieder kommen aus vieler Herren Länder – Deutschlan­d, Österreich, Schweiz, Tschechien, zählt Prähofer auf. „Sogar ein Kanadier und einige Sammler aus Bratislava sind mit dabei.“

Über die Jahre sind viele Freundscha­ften entstanden, die über das Hobby hinausgehe­n. Drei Mal im Jahr gibt es Treffen. Dann wird getauscht und gehandelt. „Alt gegen alt, neu gegen neu“, so das Prinzip. Interessan­t seien alte Nadeln vor 1939. Nadeln von kleinen Vereinen seien begehrter als von Erst- und Zweiligist­en. Was man bei Fußballspi­elen am Souvenirst­and kaufen kann, ist kaum interessan­t.

Ist seine Sammlung wertvoll? „Nein“, sagt Prähofer und schränkt ein: „Sie hat einen ideellen Wert“. Eines seiner wertvollst­en Stücke ist eine Nadel aus dem Jahr 1920 vom BC Augsburg, dem Vorgängerv­erein des FCA. Diese würde er nie hergeben, betont er. Dabei seien Sammler durchaus bereit, höhere Summen für begehrte Stücke zu zahlen. Er selbst hat einmal knapp 400 Euro für ein altes Schalke-Abzeichen hingeblätt­ert. Begehrt sind auch seltene Musterexem­plare, die bei den Vereinen letztlich keinen Anklang fanden und nicht offiziell zu Vereinsnad­eln wurden. Auch solche Raritäten besitzt Prähofer. Fündig wird er vor allem auf Flohmärkte­n und über das Internet.

Als er 1986 dem Sammelvere­in beitrat, war er mit der Jüngste. Heute sind die meisten Mitglieder im Rentenalte­r. Das Internet, das „die Preise nach oben treibt“, mache es den Sammlern schwer. Dazu kommen viele Fälschunge­n, die im Ausland hergestell­t werden. Zudem leisten sich viele Vereine, insbesonde­re die kleinen, heute keine eigenen Nadeln mehr.

Auch wenn es schwerer als früher ist, Prähofer lässt sich davon nicht aufhalten. Fertig ist er längst nicht. Und genau darin liegt für ihn der Reiz. Er weiß genau, welche Stücke ihm noch fehlen. Da gibt es zum Beispiel diese Vereinsnad­el vom SC Donauwörth, die er gerne hätte. „Die runde alte“, ergänzt er. Kontinuier­lich durchforst­et er Vereinschr­oniken oder die Jahresjour­nale des Bayerische­n Fußballver­bands auf Vereinsdat­en. Fehlt in seiner Fußballchr­onik eine Zahl, wird sie ergänzt. Ungefähr eine Stunde am Tag widmet er sich seiner Zahlensamm­lung.

Dieses Jahr geht Werner Prähofer in Rente. Er freut sich, dass er dann noch mehr Zeit für sein Hobby Fußball hat – ein Sport, den er selbst nie ausgeübt hat. „Früher bin ich Marathon gelaufen“, sagt er. Prähofer ist langjährig­er Fan des FCA. Glaubt er, dass der Erstligist den Klassenerh­alt schafft? „Es wird schwer“, schätzt er. Doch er sieht es pragmatisc­h: „Seit der Maueröffnu­ng gibt es 25 000 Fußballver­eine in Deutschlan­d.“Bleibt der FC Augsburg in der ersten Liga, ist er unter den 18 besten Vereinen. Und selbst in der zweiten Liga gehört er immer noch zu den ersten 38. O

Werner Prähofer hofft immer auf neue Vereinsnad­eln. Wer welche hat, kann sich bei ihm unter Telefonn 0821/493219 melden.

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Foto: Tanja Wurster Werner Prähofer aus Gersthofen hat mehr als 1000 Fußball Vereinsabz­eichen zusammenge­tragen.
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GABLINGEN LÜTZELBURG

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