Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auf den Spuren des Waschbären
Natur Die Tiere werden immer wieder gesichtet. Zuletzt gab es bei Nordendorf und Meitingen Abschüsse
Nordendorf/Königsbrunn Diese Entwicklung hat Forstmeister von Berlepsch im Jahr 1934 sicherlich nicht vorhergesehen. Er hatte damals beantragt, zwei Paare Waschbären im Staatswald der Revierförsterei Asel (Hessen) aussetzen zu dürfen. Zwar wurden die Tiere dann bereits vor dem Eintreffen der Genehmigung ausgewildert. Doch auch ein Abwarten hätte an der Situation nicht geändert. Schließlich entwichen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs 25 weitere Tiere aus einer Pelzfarm bei Berlin. Der amerikanische Waschbär ist seitdem als Neubürger in Deutschland heimisch geworden. Und er breitet sich im- weiter aus. Jüngster Beweis sind die Spuren eines Waschbären, die unser Leser Heinz Schmidl in Königsbrunn entdeckt hat.
Roland Bock, der Vorsitzende der Jägervereinigung Schwabmünchen, könnte sich durchaus vorstellen, dass es sich bei den Spuren um die eines Waschbären handelt. Er verweist auf ein entsprechendes Monitoring des Deutschen Jagdverbands (DJV). „Innerhalb von neun Jahren hat der Waschbär sein Vorkommen im Kerngebiet um 32 Prozent gesteigert.“Wissenschaftler haben jetzt Datenreihen aus mehr als 24000 Revieren bis zum Jahr 2015 für das Wildtier-Informationssystem der Länder (WILD) ausgewertet. Das deutschlandweit umfangreichste Monitoring umfasst 13 Millionen Hektar – das entspricht etwa 40 Prozent der land- und forstwirtschaftlichen Fläche. Und der nordmer amerikanische Kleinbär kommt inzwischen in 43 Prozent der Reviere vor. Besonders weit verbreitet sei der Kleinbär in Sachsen-Anhalt (91 Prozent der Reviere), in Brandenburg (88 Prozent) und in Hessen (78 Prozent). Im Landkreis Augsburg war die stärkste Saison in den Jahren 2012/2013. Zuletzt seien drei Waschbären in Nordendorf und Meitingen erlegt worden, heißt es.
Mit ein Grund für die Entwicklung dürfte die Tatsache sein, dass der Waschbär laut Bock keine natürlichen Feinde hat. Auch in Sachen Ernährung ist der Kleinbär äußerst anspruchslos. „Er ist ein Allesfresser, nimmt also sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung zu sich“, erklärt Bock.
Ziel des DJV ist die Eindämmung des immer größeren werdenden Bestands. Schließlich sei neben dem Waschbären auch der aus China stammende Marderhund auf dem Vormarsch. „Wenn wir die heimische Artenvielfalt erhalten wollen, gibt es nur zwei Stellschrauben: Lebensräume erhalten und verbessern sowie Fressfeinde reduzieren“, sagt DJV-Präsidiumsmitglied Jürgen Ellenberger.
Der Verband fordert daher eine flächendeckende Bejagung. Der Marderhund hat es bereits ebenfalls bis in die Region geschafft. „In der Reischenau wurden letztes Jagdjahr 2015/2016 fünf Stück erlegt, in Nordendorf einer überfahren“, sagt Bock.