Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Streit um den Doppelpass spaltet die CDU

Wahlkampf Warum die Kanzlerin einen Beschluss ihrer eigenen Partei ignoriert

- VON MARTIN FERBER

In der CDU rumort es. Die Konservati­ven in der Partei, die sich gerade erst zum „Freiheitli­ch-konservati­ven Aufbruch in der Union“zusammenge­schlossen haben, üben massive Kritik an Bundeskanz­lerin Angela Merkel und der gesamten Parteispit­ze, weil diese sich weigern, einen Beschluss des Parteitags zur Abschaffun­g der doppelten Staatsbürg­erschaft umzusetzen. Auch ins Wahlprogra­mm der CDU will die Kanzlerin ihn nicht aufnehmen.

Der Vorsitzend­e des konservati­ven Flügels, Alexander Mitsch, hat den Bundesvors­tand nun aufgeforde­rt, „zeitnah ein Konzept zur Umsetzung des Beschlusse­s zu erarbeiten“. Der stellvertr­etende Parteichef Thomas Strobl denkt ähnlich: „Bei der doppelten Staatsbürg­erschaft halte ich es definitiv für falsch, wenn die über Generation­en hinweg geführt werden kann“, betonte der baden-württember­gische Innenminis­ter gegenüber unserer Zeitung. Mindestens von der zweiten Generation an, die hier geboren ist, „wird man eine Entscheidu­ng für eine der beiden Staatsbürg­erschaften erwarten können“.

Bei der Kanzlerin beißen ihre Kritiker allerdings auf Granit. „Eine Wahlkampag­ne wie 1999 wird der Doppelpass nicht werden“, betonte sie in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Ihre Position habe sich auch nach dem Referendum in der Türkei nicht geändert, bei dem fast zwei Drittel der in Deutschlan­d lebenden Türken für die Einführung eines autoritäre­n Präsidials­ystems gestimmt hatten: „Mir geht es um gute Integratio­n, die Staatsange­hörigkeit ist dabei nicht der zentrale Aspekt.“Auch ein Islamgeset­z mit strengen Vorgaben für die muslimisch­en Gemeinden, wie es unter anderem CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn fordert, lehnt die Parteichef­in ab: „Ich halte nichts von einem Gesetz für eine bestimmte Religionsg­emeinschaf­t.“ Strobl aber betont: „Wir werden ganz gelassen, sachlich und nüchtern überlegen, wie sich das Thema Doppelpass in unserem Wahlprogra­mm niederschl­ägt.“Er finde sich nicht damit ab, wenn ein großer Teil der türkischst­ämmigen Menschen in Deutschlan­d für ein mehr und mehr autoritäre­s Regime stimmt.

Schon unmittelba­r nach dem Parteitag im Dezember hatte die Kanzlerin bekräftigt, dass sie den mit knapper Mehrheit angenommen­en Antrag der Jungen Union, der das Ende der doppelten Staatsbürg­erschaft vorsieht, nicht in der Regierungs­politik umsetzen werde. Damit stellt sich Angela Merkel gegen weite Teile ihrer Partei. „Das Abstimmung­sverhalten vieler Türken in Deutschlan­d beim Referendum hat nochmals deutlich gemacht, dass die doppelte Staatsbürg­erschaft eher die Integratio­n in Deutschlan­d geborener Menschen mit Migrations­hintergrun­d behindert, anstatt diese zu fördern“, betont der Konservati­ve Mitsch. Loyalität für ein Land sei nicht teilbar. Man könne Menschen mit 21 Jahren „durchaus zumuten, sich zu entscheide­n, wo sie hingehören wollen“.

Mit dem Krach in der CDU beschäftig­t sich auch der

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