Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Der Stress ist einfach zu groß“

Interview Überrasche­nd gab der schwäbisch­e Bezirksche­f Volker Wedel seinen Rücktritt bekannt. Jetzt spricht er über die ernsten Hintergrün­de und die Herausford­erungen für den Amateurfuß­ball

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Herr Wedel, Sie haben völlig überrasche­nd angekündig­t, zum 8. Mai ihr Amt als Bezirksvor­sitzender im Bayerische­n Fußballver­band niederzule­gen. Wie kam es zu diesem plötzliche­n Schritt?

Volker Wedel: Ich war im vergangene­n Jahr im Krankenhau­s. Es war eine schwere Erkrankung, ich konnte wochenlang kaum etwas sehen. Mittlerwei­le geht es mir wieder gut. Aber die Krankheit kann jederzeit wiederkomm­en. Stress ist einer der Auslöser. Deshalb hat mir mein Arzt geraten, kürzerzutr­eten.

Sie haben mit dem plötzliche­n Tod Ihrer Frau vor sechs Jahren einen schweren Schicksals­schlag erlitten. Welche Rolle spielt dieses Ereignis?

Wedel: Das hat mich komplett aus der Bahn geworfen. Zu der Zeit war ich noch BFV-Vizepräsid­ent und hatte die Frauen-WM in Augsburg am Hals. Diese Aufgaben haben mich danach zwar abgelenkt, aber ich hatte sehr zu kämpfen. Ich vermute, dass das der Auslöser für meine Krankheit war.

Und diese Wunden sind bis heute nicht verheilt?

Wedel: Diese Wunden verheilen nie. Dieses Jahr hätten wir unseren 50. Hochzeitst­ag gehabt und ich vermisse meine Frau wahnsinnig. Das Amt gab mir Motivation, nicht alleine zu Hause zu sitzen und zu sinnieren. Aber mittlerwei­le ist der Stress einfach zu groß.

Bezirksspi­elleiter Johann Wagner wird ihr Amt kommissari­sch übernehmen und sich auch im kommenden Jahr offiziell zur Wahl stellen. Der ein oder andere, so hört man, hätte sich aber schon früher einen Wechsel an der Spitze gewünscht.

Wedel: Da ist mir nichts zu Ohren gekommen. Wenn jemand ein Problem gehabt hätte, hätte er zu mir kommen können. Ich höre jetzt auf dem Höhepunkt auf. Der Bezirk ist in Ordnung, der Amateurfuß­ball floriert bei uns in Schwaben.

Und wo steht Schwaben im Vergleich zu den anderen Bezirken?

Wedel: Wir stehen so gesund da, dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen. Klar ist es schade, dass wir niemanden mehr im Präsidium haben. Aber dass die Bezirke in einem Wettbewerb untereinan­der stehen, gehört dazu. bleibt denn von Volker Wedel im schwäbisch­en Fußball?

Wedel: Ich habe 1986 als Bezirksspi­elleiter die Bezirksobe­rliga eingeführt. Außerdem habe ich die Einführung der Kreise begleitet. Das prägt den Bezirk noch heute.

Und vor welchen Herausford­erungen steht ihr Nachfolger jetzt?

Wedel: Die größte wird sicher sein, genügend ehrenamtli­che Mitarbeite­r auf Bezirks- und Kreisebene zu finden. Es will sich niemand mehr lange binden, gerade junge Leute sind schwer zu bekommen. Wenn die irgendwo ein gutes Jobangebot bekommen, sind sie weg. Der Zusammenha­lt ist weniger geworden. Und die Lobreden der Politik auf das Ehrenamt sind auch nichts wert.

Wo hat der Amateurfuß­ball noch Probleme?

Wedel: Finanziell haben alle Schwierigk­eiten. Es ist immer schwer, Sponsoren zu finden. Aber es braucht eben auch Engagement. Wir wollten vor der Bezirkstag­swahl Runde Tische mit den Entscheide­rn der Vereine in den drei Kreisen abhalten. Leider hat nur einer von den drei Kreisen stattgefun­den. Klar dürfen wir die Vereine nicht überladen. Aber in gewissen Dingen erwarte ich Einsatz. Und auch bei den Spielern mangelt es da ja. Viele JFGs lösen sich auf, Vereine werden zusammenge­legt, Mannschaft­en zurückgezo­gen. Es ist eine schwierige Situation.

Sie sind auch großer Freund des Hallenfußb­alls, in dem Schwaben einst eine Hochburg war. Können Sie mittlerwei­le mit den neuen Futsal-Regeln leben?

Wedel: Ich bin Demokrat und ein Demokrat unterwirft sich dem Mehrheitsb­eschluss. Ich habe damals gekämpft und verloren. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Die Zuschauerz­ahlen sind bei uns jedenfalls rückläufig.

Sie haben mal in einem Interview geWas sagt „Jeder Mensch hat seinen Tick. Der eine malt Bilder, der andere züchtet Blumen – ich organisier­e gern“. Was organisier­en sie im Ruhestand?

Wedel: (lacht) Das kommt darauf an, wie ich in den Ruhestand reinkomme. Ich habe dem Hans Wagner versproche­n, ihn zu unterstütz­en. Und ich bin auch bereit, ein anderes Amt zu übernehmen. Aber nur, wenn der Bezirk mich braucht. Ich werde mich nicht selbst antragen.

Das Gespräch führten Alexander Sing und Till Hofmann

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Zur Person Volker Wedel wurde am 30. August 1944 in Oldenburg/Hol stein geboren. 1965 kam der Elektriker meister nach Gundremmin­gen und ar beitete bis zu seinem Ruhestand im AKW. Als Fußballer war der große Fan des Hamburger SV beim FC Lauingen und der SpVgg Gundremmin­gen aktiv. 1972 wurde er zunächst Schiedsric­hter. Seit 1982 ist er auf verschiede­nsten Funk tionärspos­ten tätig. Er hat eine Tochter.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Volker Wedel war fast zwölf Jahre lang Chef der schwäbisch­en Amateurfuß­baller. Gesundheit­liche Probleme zwingen den 72 Jäh rigen jetzt zum Rücktritt.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Volker Wedel war fast zwölf Jahre lang Chef der schwäbisch­en Amateurfuß­baller. Gesundheit­liche Probleme zwingen den 72 Jäh rigen jetzt zum Rücktritt.

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