Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Geheimsprache der Elefanten
„Törö“– „Töröö“, so stellen sich die meisten Menschen ein Gespräch unter Elefanten vor. Doch entgegen der klischeehaften Trompetenlaute geht die Kommunikation der Dickhäuter weitaus tiefer – im wahrsten Sinne. Afrikanische Elefanten kommunizieren in sehr tiefen Lauten, mit dem menschlichen Ohr meist nicht wahrnehmbar. Sie liegen im Infraschallbereich, werden von Forschern „Rumbles“genannt und ermöglichen die Verständigung der Elefanten über große Distanzen. Für das Miteinander der Tiere ist diese „Geheimsprache“wichtig.
Forscher um die Biologin Angela Stöger von der Universität Wien haben nun in einem Feldversuch herausgefunden, dass Elefantenbullen auf „Rumbles“von fremden Weibchen stärker reagieren, als von denen der eigenen Gruppe. Die Bullen fühlten sich eher zu unbekannten Weibchen hingezogen, schreiben die Forscher. Das Team vermutet dahinter eine evolutionäre Anpassung, um Inzucht zu vermeiden.
Um die Geräusche der Elefanten simulieren zu können, versteckten die Wissenschaftler einen speziell angefertigten, 300 Kilogramm schweren Subwoofer im Addo-Elefanten-Nationalpark in Südafrika. Mit dieser speziellen Lautsprecherbox spielten sie den Elefanten die aufgenommenen Laute vor, einmal von Weibchen, die aus ihrer ursprünglichen Herde stammten, und einmal von fremden. Dann beobachteten sie die Reaktionen.
Ergebnis: Elefantenbullen drehten sich häufiger zum Lautsprecher und näherten sich diesem, wenn sie „Rumbles“nicht zuordnen konnten – was darauf hindeutet, dass auch Männchen soziale Informationen aus Lauten beziehen. „Weibchen tun dies vornehmlich, um sich mit ihren Herdenmitgliedern zu koordinieren und zu treffen. Männchen hingegen scheinen diese Fähigkeit primär zu nutzen, um potenzielle Partnerinnen zu finden“, kommentiert Stöger.
Auch nach der Trennung von ihrer Herde mit ungefähr 14 Jahren treffen die Elefantenbullen regelmäßig auf bekannte Weibchen, etwa ihre Mütter oder Schwestern. Um Inzucht zu vermeiden, könne die Evolution das Gehör der Bullen geschärft haben, so die Forscher.
Elefantenbullen galten lange als äußerst schweigsame Einzelgänger und standen daher meist im Hintergrund der Kommunikationsforschung. Stöger und ihr Team fanden allerdings schon in einer früheren Studie heraus, dass die Männchen nicht nur gute Zuhörer sind, sondern sehr wohl auch eigenen Gesprächsbedarf haben. Mit anderen Männchen schmieden sie manchmal sogar Allianzen, nachdem sie ihre Herde verlassen haben, sagt Stöger. Die Infraschalllaute sind von Tier zu Tier verschieden, erklärt sie. Darin enthalten seien Informationen zu Größe, Alter und Dominanz der Elefantenbullen. Die Männchen machen wegen ihres Gewichts deutlich tiefere Laute als die Weibchen.
Die hörbaren Trompetenlaute sind hingegen weniger erforscht. Es sei allerdings sicher, so Stöger, dass Elefanten immer dann trompeten, wenn sie aufgeregt sind. Das könne positive Aufregung sein, wie beim Aufeinandertreffen zweier Herden, aber auch bei Gefahr.
Jan-Nikolas Picker, dpa