Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Südkorea ist nicht mehr kopflos

Wahl Das ostasiatis­che Schwellenl­and hat wieder einen Präsidente­n: Moon Jae In gewann die Wahl mit klarem Vorsprung. Er will das Verhältnis zu Nordkorea auf eine neue Basis stellen

- VON FINN MAYER KUCKUK

Die südkoreani­schen Wähler haben sich am Dienstag für einen gemäßigten und pragmatisc­hen Präsidente­n entschiede­n. Den Auszählung­en zufolge hat der 64-jährige Moon Jae In von der linksgeric­hteten demokratis­chen Partei die Wahl mit deutlichem Vorsprung vor dem zweitstärk­sten Kandidaten gewonnen. Moon komme auf eine Zustimmung von fast 40 Prozent, berichtete­n staatliche Sender am Dienstagab­end auf der Grundlage der Auszählung von knapp 80 Prozent der Stimmen. Danach folgten seine zwei größten Konkurrent­en: Der konservati­ve Hong Jun Pyo kam auf 25,6 Prozent der Stimmen, der Zentrumspo­litiker Ahn Cheol Soo auf 21,4 Prozent, hieß es.

Es war ein kurzer Wahlkampf: Das Parlament hatte Moons Vorgängeri­n Park Geun Hye erst im März wegen Korruption des Amtes enthoben. Moon gehörte als Opposition­spolitiker zu den schärfsten Kritikern der Politik Parks. Er hält es für unverantwo­rtlich, dass die Vorgängerr­egierung Nordkorea nicht an der Entwicklun­g immer stärkerer Atombomben gehindert hat. Zugleich hält er eine Annäherung für unabdingba­r, um etwas zu bewegen. Moons Vater war seinerzeit aus dem Norden geflohen.

„Südkorea muss wieder eine aktivere Rolle im Umgang mit Nordkorea übernehmen“, sagte Moon am Dienstag in einem Internet-Livestream. Um Pjöngjang zur Abrüstung zu motivieren, seien Dialog und direkte Verhandlun­gen nötig.

Die zunehmend gefährlich­e Konfrontat­ion zwischen Nordkorea und den USA war in den vergangene­n zwei Monaten zum bestimmend­en Wahlkampft­hema geworden. Südkoreas Hauptstadt Seoul wäre das erste Opfer eines möglichen Krieges: Die Armee des Nordens hat zahllose Geschütze und Raketen auf die Wirtschaft­smetropole gerichtet. US-Präsident Donald Trump war im April auf die Provokatio­nen von Machthaber Kim Jong Un angesprung­en und hatte Kriegsschi­ffe in koreanisch­e Gewässer verlegt. Der Norden testet derweil munter weiter Raketen.

Die Wahl am Dienstag hat ein Führungsva­kuum beendet, das Südkorea zunehmend belastet hat. Die Affäre um Park zog sich über ein Jahr hin. Unterdesse­n schwächelt­e die Konjunktur und in Pjöngjang wurde Kim immer aggressive­r.

Moon hat versproche­n, die Probleme schnell anzupacken. Wirtschaft­spolitisch kündigte er einen sozialeren Kurs mit höheren Steuern für Reiche und besserer Kontrolle der Großkonzer­ne an.

Vor allem aber will Moon ein zugänglich­erer Staatschef sein als seine Vorgänger. Statt sich im Blauen Haus, dem Präsidente­npalast, zu verbunkern, will er Regierungs­gebäude in der Innenstadt nutzen. Er versprach, seine Politik und seine Motivation laufend zu erklären und sich von den vollen Kassen der Großkonzer­ne fernzuhalt­en. Park war unter anderem daran gescheiter­t, einer guten Freundin Mittel vom Großkonzer­n Samsung zugeschust­ert zu haben.

Moon ist von Haus aus Jurist. Als Student musste er ins Gefängnis, weil er an Demos gegen Diktator Park Chung Hee teilgenomm­en hatte, den Vater der korrupten Ex-Präsidenti­n. In seiner Zeit als Anwalt hat er Menschenre­chtsfälle übernommen, ehe er in die Politik ging.

Im Wahlkampf machte Moon seine Handynumme­r öffentlich, um Transparen­z zu demonstrie­ren. Die Wähler haben ihm daraufhin 125000 Kurznachri­chten mit Vorschläge­n für die Regierungs­arbeit geschickt.

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Foto: Jung Yeon Je, afp Der Linkspolit­iker Moon Jae In ist Südkoreas neuer Präsident. Seit März, als die frühere Präsidenti­n wegen Korruption abgesetzt wurde, hatte der Staat in Ostasien kein Oberhaupt mehr.

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