Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Er war der Kaiser Franz der IG Metall

Franz Steinkühle­r wird 80 Jahre alt

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Mit der Besteigung des Kilimandsc­haro wird es wohl nichts mehr für Franz Steinkühle­r. Zu seinem 80. Geburtstag heute wirkt der ehemalige Chef der IG Metall zwar wach wie eh und je, schlank und körperlich fit, den 5000er-Berg traut sich der Radfahrer und Hobby-Golfer dennoch nicht mehr zu.

Einst war er der unangefoch­tene starke Mann der IG Metall, die er von 1986 bis 1993 als Erster Vorsitzend­er führte. Der wortgewand­te Gewerkscha­fter trat wie ein Manager im feinen Anzug und mit intellektu­ellem Anspruch auf. Für die Malocher war das von ihm propagiert­e Co-Management fast genauso gewöhnungs­bedürftig wie für die Arbeitgebe­r, doch Steinkühle­rs Erfolge wie die endgültig festgezurr­te 35-Stunden-Woche festigten die Macht von „Kaiser Franz“im Gewerkscha­ftsvorstan­d.

Umso tiefer stürzte der damals 56-Jährige im Mai 1993, als bekannt wurde, dass er mit Aktien der Mercedes AG Holding hohe Spekulatio­nsgewinne realisiert hatte. Schnell geriet er als Mitglied des DaimlerAuf­sichtsrate­s in den Verdacht, dafür Insiderwis­sen genutzt zu haben. „Ich hatte keine Insiderken­ntnisse und habe auch nichts Unrechtes getan“, sagt er noch heute, doch im Amt konnte er sich unter starkem öffentlich­em Druck nicht halten. „Im Rückblick war es schon ein Fehler, Aktien von Unternehme­n zu halten, bei denen ich im Aufsichtsr­at gesessen habe.“Es nutzte nichts, dass er den Gewinn in einen Fonds für ostdeutsch­e Metallarbe­iter spendete. „Ich war gerne Vorsitzend­er der IG Metall und wäre es auch gerne geblieben“, sagt er heute.

Nach dem Rücktritt machte er noch viele Jahre als Industrie-Berater weiter. Ganz abgeschlos­sen hat Steinkühle­r die größte Niederlage seines Lebens dennoch nicht. Nie habe er herausgefu­nden, wer damals aus der Bank seine Kontoauszü­ge an die Presse weitergere­icht hat. „Was da gelaufen ist, war ja bei Lichte betrachtet eine glatte Verletzung der Verschwieg­enheitspfl­icht“, sagt er.

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Foto: Boris Roessler, dpa Franz Steinkühle­r war der starke Mann der IG Metall.

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