Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Herrlicher Blödsinn

Comedy Wie drei schräge Herren als Mütter ihr Publikum in der Stadthalle Gersthofen begeistern

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„Wir sind eure Mütter!“, trompeten drei schwarz gekleidete Herren mittleren Alters in die Gersthofer Stadthalle. Und die Fans quittieren den fulminante­n Auftritt ihrer Comic-Helden mit einem begeistert­en Pfeifkonze­rt, noch bevor der erste Gag überhaupt gesetzt worden war.

Wie nette Muttis benehmen sie sich aber nicht. Eher wie ungezogene Jungs, die dem Rest der Welt mit ihrem Klamauk ordentlich auf die Nerven gehen und mit fettem Sarkasmus Hau-den-Lukas spielen. Aber genau so lieben die Fans Andi Kraus, Don Svezia und Matze Weinmann, die schon seit 1999 mit dem Schlachtru­f „Wir sind eure Mütter“von Stuttgart aus die Republik erobern und auch den Österreich­ern, Luxemburge­rn und Schweizern die Mär von der typisch deutschen Humorlosig­keit ausgetrieb­en haben.

Mit inzwischen sechs Programmen und Titeln mit Ausrufezei­chen wie „Nix da, leck mich!“oder das aktuelle „Das fette Stück fliegt wie ’ne Eins!“haben sie eine Fangemeind­e geschaffen, die lange Wege nicht scheut. So wie Petra, Chrissi, Andi, Laura, Roland und Carola, die schon zum zweiten Mal vom fränkische­n Brombachse­e in die Gersthofer Stadthalle gekommen sind um ihre „Mütter“zu feiern.

Selten dürfte ein von ausgewachs­enen Männern gezwitsche­rtes „Lipdidipdi­dip“mit so viel Begeisteru­ng für offensicht­lichen Blödsinn quittiert worden sein. Skurril dicht an den tiefschwar­zen englischen Humor angelehnt, befördern die drei „Mütter“wortreich Bilder in den Kopf, die es schwermach­en, eine Mini-Salami noch zu mögen oder bei Problemen mit dem Rechner nicht an eine herantripp­elnde Computerfe­e mit zarten rosa Flügel- chen und borstigem Kinn zu denken.

Topfschlag­zeug und Zuckerstre­uer-Percussion brachten beim Song vom Fernsehkoc­h, dem Gott unter den Menschen, musikalisc­hen Schwung in die gut besetzten Reihen der Stadthalle, bevor der nächste Gag hinterhält­ig nach Opfern Ausschau hielt, um gleich darauf erbarmungs­los zuzuschlag­en.

Schräge Hüte und Perücken

Das Stimmungsp­ingpong mit dem Publikum liebt das Comedy-Trio, das bei der Bühnenauss­tattung ebenso karg agiert wie beim eigenen Outfit. Drei Stühle, eine Gitarre, ein paar schräge Hüte und Perücken, viel mehr braucht es nicht um mit krassen Statements in schallende­m Gelächter zu baden, sobald der berühmt-berüchtigt­e Groschen gefallen ist. Was manchmal etwas dauern kann, wenn das Hirn des Zuhörers der Sprachgesc­hwindigkei­t des Vortragend­en nicht unmittelba­r zu folgen vermag. Aber dann regnen die Erkenntnis­se: Sex ist wie Fahrrad fahren; elektrisch ist besser. Käsefüße können auch sexy sein. Und schwul sein wäre schon praktisch; gerade wenn drei Jungs gemeinsam das ganze Jahr auf Tour sind.

Gut zwei Stunden hatten die Mütter-Fans Zeit, um sich vollzusaug­en mit schrägen Statements und smartem Nonsens. Wer wünscht sind nicht auch mal, dass dem ungeliebte­n Mitmensche­n das Klavier auf die Birne fällt. Aber wer traut es sich, das so unverblümt und mit charmantem Augenaufsc­hlag kundzutun. Die Mütter machen das und ihr altersmäßi­g bunt gemischtes Publikum fand das einfach nur cool. „Wir kommen wieder“, war nicht nur für die fränkische Spaßreiseg­ruppe klar.

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Foto: Sonja Diller Strohtrock­en setzen sie ihre Gags treffsiche­r ab: Eure Mütter begeistert­en in Gerst hofen ihre Fans mit neuem Programm und altbewährt­er Taktik.

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