Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Krumme Geschäfte

Justiz Das Amtsgerich­t verurteilt zwei Angeklagte, die Geld an einem Insolvenzv­erfahren vorbeigesc­hleust haben

- VON MICHAEL SIEGEL

Ein Jahr Haftstrafe auf Bewährung für einen 26-jährigen ehemaligen Bauunterne­hmer aus dem Landkreis Aichach-Friedberg und 3600 Euro Geldstrafe für seinen Augsburger Rechtsanwa­lt – dieses Urteil sprach das Amtsgerich­t wegen Bankrotts und Beihilfe zum Bankrott gegen die beiden Angeklagte­n.

Der Bauunterne­hmer hat nach Auffassung des Gerichts Geld an einem Insolvenzv­erfahren vorbeigesc­hleust, sein Anwalt habe dabei geholfen. Der hauptangek­lagte 26-Jährige war Geschäftsf­ührer einer Baufirma. Diese Firma übernahm 2014 als Subunterne­hmen zwei Aufträge von anderen Firmen. Dabei ging es um Verkabelun­gsarbeiten. Weil aber Zahlungen von den Hauptauftr­agsnehmern an die Firma aus dem Wittelsbac­her Land ausblieben, sammelten sich dort Verbindlic­hkeiten in Höhe von über 500 000 Euro an. Zahlungen ans Finanzamt, den Zoll und an die Sozialkass­e konnten teils nur schleppend bedient werden, Löhne an die Angestellt­en blieb man schuldig. Um an sein ausstehend­es Geld zu kommen, ging der Angeklagte zur Kanzlei des mitangekla­gten Rechtsanwa­lts. Gerade, als ein Insolvenzv­erfahren gegen den Bauunterne­hmer ins Laufen kam, gelang es dem Anwalt, eine ausstehend­e Zahlung von rund 47 000 Euro einzutreib­en. Das Geld landete auf einem Konto der Kanzlei, von wo es an den Unternehme­r weitergele­itet werden sollte.

Die Idee wurde geboren, das Geld nicht über ein Konto des 26-Jährigen laufen zu lassen, wo es sofort gepfändet worden wäre. Es landete hingegen mit dessen Wissen auf dem Konto des 22-jährigen Bruders des Bauunterne­hmers. Die Anwaltskan­zlei behielt Gebühren in Höhe von knapp 10000 Euro ein, ergab die Hauptverha­ndlung vor dem Amtsgerich­t. Weitere rund 30 000 Euro wurden in mehreren Tranchen auf das Konto des Bruders eingezahlt. 5000 Euro sollen bar vom Anwalt an seinen Mandanten weitergere­icht worden sein. Mit dem Geld bestritten der Angeklagte und seine in seiner Firma beschäftig­ten Verwandten laut eigener Aussage ihren Lebensunte­rhalt. Inzwischen existiert die Firma nicht mehr.

Vor Gericht galt es nun zu klären, wer wann von was wusste, wer wem was geraten hat. Wusste also der Rechtsanwa­lt, dass er Geld von seinem Konto am Insolvenzv­erfahren vorbei auf das Konto des Bruders des Hauptangek­lagten gezahlt hatte? Oder durfte er davon ausgehen, dass es sich um ein Konto seines Mandanten gehandelt hatte? Der Hauptangek­lagte, sein Bruder und deren Mutter sagten aus, man habe sich mit dem Rechtsanwa­lt darüber unterhalte­n. Der Anwalt bestritt dies. Staatsanwa­lt Benjamin Rüdiger sah die Anklagepun­kte durch die Beweisaufn­ahme als erwiesen an und wollte für den Bauunterne­hmer ein Jahr und zehn Monate Freiheitss­trafe auf Bewährung plus eine Geldstrafe, für den Anwalt eine Geldstrafe in Höhe von 200 Tagessätze­n. Jörg Seubert, Rechtsvert­reter des angeklagte­n Anwalts, forderte für seinen Mandanten Freispruch. Florian Engert, Verteidige­r des Bauunterne­hmers, forderte für seinen Mandanten eine Bewährungs­strafe von zehn Monaten.

Richter Michael Edelmann verurteilt­e den Bauunterne­hmer wegen Bankrotts zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung. Auch wenn der Angeklagte und seine Familie „erkennbare­n Belastungs­eifer“gegen den mitangekla­gten Rechtsanwa­lt erkennen ließen, sei dieser nicht frei von Schuld. Allein, dass er angesichts der damaligen Umstände 5000 Euro in bar übergeben hatte, sei nicht zu rechtferti­gen gewesen. Der Anwalt erhielt eine Geldstrafe von 3600 Euro wegen Beihilfe zum Bankrott. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

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