Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie der Putschvers­uch in der Türkei auch in Augsburg für Ärger sorgt

Justiz Türkische Nationalis­ten sollen politische Gegner in der Region bedroht haben. Der Chef der Grauen Wölfe wurde deshalb jetzt von der Staatsanwa­ltschaft angeklagt

- VON STEFANIE SCHOENE

Der Putschvers­uch von Teilen des türkischen Militärs gegen Staatschef Recep Tayyip Erdogan liegt bald ein Jahr zurück. Doch die Folgen sind auch in der Region weiter zu spüren. Noch immer polarisier­t das Thema türkischst­ämmige Menschen, die hier leben. Und es beschäftig­t auch die hiesige Justiz. Die Staatsanwa­ltschaft wirft Yildiray S., 46, dem Vorsitzend­en eines rechtsextr­emistische­n türkischen Vereins in Augsburg, Volksverhe­tzung vor.

Die Anklage stützt sich auf zwei Kommentare, die Yildiray S. im Juli vorigen Jahres, wenige Tage nach dem gescheiter­ten Putschvers­uch, im Online-Netzwerk Facebook veröffentl­icht hat. Darin droht er den Gründern und Förderern des Augsburger „Fetö-Vereins“zweideutig: „Wir heißen euch zu eurem nächsten Urlaub in der Türkei herzlich willkommen“und er ruft dazu auf, örtliche „Fetö“-Vertreter namentlich an die türkischen Behörden zu melden. „Fetö“ist die Abkürzung die angebliche „Terrororga­nisation“des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen. Diese wird von Staatspräs­ident Erdogan für den gescheiter­ten Putschvers­uch verantwort­lich gemacht, ohne dass bisher Beweise vorliegen. Im Gegenteil: Europäisch­e Geheimdien­ste kamen zum Schluss, dass es keine Gülen-Verschwöru­ng gegeben habe.

Der Geschäftsf­ührer des Augsburger Vereins „Frohsinn Bildungsze­ntrum“, der zur Gülen-Bewegung gehört, erstattete auf die FacebookÄu­ßerungen hin Strafanzei­ge wegen Beleidigun­g und Volksverhe­tzung. Das Bildungsze­ntrum betreibt in der Region vier Kindergärt­en sowie drei Nachhilfee­inrichtung­en und wurde nach einer Demonstrat­ion gegen die Putschiste­n zur Zielscheib­e. Das Fenster einer Einrichtun­g ging zu Bruch. Der Fall von Sachbeschä­digung landete bei den Extremismu­s-Ermittlern der Augsburger Polizei, die Täter konnten allerdings nicht ermittelt werden.

Wegen der Facebook-Kommentare verhängte das Amtsgerich­t zu- nächst einen Strafbefeh­l über 3600 Euro gegen Yildiray S. Das geschieht ohne Verhandlun­g auf schriftlic­hem Weg. S. legte jedoch Einspruch ein. Deshalb kam es nun zum Prozess. Auf Antrag von Verteidige­r Dominik Hofmeister entschied die Amtsrichte­rin, das Verfahren auszusetze­n. Der Verteidige­r gen Zeitung Türkiye Avrupa erklärte er vor der Verhandlun­g, er fühle sich unschuldig: „Ich habe bei Facebook keine Namen genannt, sondern nur Texte geteilt, die den Verrat zum Thema hatten“. Mit Verrat meint er den Putschvers­uch im vorigen Jahr. Seine Verteidigu­ng widme er den „Helden der türkischen Nation“, sagte er und fügte hinzu: „Meine Seele kennt keine Furcht und wenn die Zeit gekommen ist, werde ich sie mit Gottes Erlaubnis in die Hände des Allerhöchs­ten legen. Es lebe die große türkische Nation!“

Zum Prozesster­min erschien der gebürtige Augsburger Yildiray S. in Begleitung von 14 Männern. Darunter der Vorsitzend­e des Vereins türkischer Eltern (vte), der mit den Grauen Wölfen eng verbunden ist, und ein junger Mann, der in Augsburg bereits als Organisato­r mehrerer türkisch-nationalis­tischer Demonstrat­ionen auftrat. Zudem befand sich im Publikum auch eine Mitarbeite­rin des türkischen Generalkon­sulats in München, die den Prozess beobachtet­e.

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Archivfoto: Michael Hochgemuth Der Putschvers­uch in der Türkei wird auch in Augsburg von türkischen Nationalis­ten immer wieder thematisie­rt. Im Januar wurde im Reese Theater ein umstritten­es Schau spiel aufgeführt, das den gescheiter­ten Putsch thematisie­rte – und in dem...

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