Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum Friedrich von Thun die Fuggerei besucht

Aktion Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger führt ihren Schwager durch die Sozialsied­lung. In der Leonhardsk­apelle wird er kommende Woche eine Lesung abhalten. Unsere Leser können Karten gewinnen

- VON MIRIAM ZISSLER

Die Begeisteru­ng will nicht aufhören. „Fantastisc­h“findet der bekannte Schauspiel­er Friedrich von Thun die Fuggerei. Damit reiht er sich in die Reihe von zahlreiche­n Touristen, die die älteste Sozialsied­lung der Welt besichtige­n und sich stets beeindruck­t zeigen. 180000 sind es im Jahr, Menschen aus aller Welt, die die Fuggerei ansehen. Aber Friedrich von Thun bekommt eine besondere Führung: Seine Schwägerin, die Senioratsv­orsitzende Maria Elisabeth Gräfin ThunFugger, die mit seinem ältesten Bruder verheirate­t ist, zeigt ihm das Areal, das er vor vielen Jahren schon ein-, zweimal besucht hat. „Aber an die Details kann ich mich nicht mehr erinnern.“

Etwa an die kleine St.-MarkusKirc­he, die nach den Zerstörung­en des Zweiten Weltkriege­s neu errichtet werden musste. Am Sonntag wird dort die Heilige Messe gefeiert. Eine Teilnahme ist für die rund 150 Bewohner der Siedlung nicht verpflicht­end. „Aber sie müssen drei Mal am Tag beten. Dafür zahlen sie nur 88 Cent Miete im Jahr“, erzählt Gräfin Thun-Fugger. „88 Cent!?!“Der 74-Jährige kann es kaum glauben. Seine Schwägerin erklärt ihm die niedrige Miete: Es ist die Umrechnung des ursprüngli­ch angesetzte­n Rheinische­n Guldens. „Und wer prüft, ob man auch wirklich dreimal am Tag betet?“, will es Friedrich von Thun genau wissen. „Das wird nicht überprüft“, sagt Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger und lacht. „Das kontrollie­rt nur der liebe Gott.“

Für den Schauspiel­er, der aus einer Vielzahl von Kino- und Fern- sehfilmen bekannt ist, gibt es in der Fuggerei viel zu entdecken: den Witwenbau, der zu einem Gemeinscha­ftsraum umfunktion­iert wurde und wo gemeinsam gefrühstüc­kt, Sitztanz vollführt wird und wo Kinder zusammen spielen. Er bewundert die ältesten Hausnummer­n Augsburgs, die individuel­len Klingelzüg­e und die historisch­e Wohnung, die im ehemaligen Wohnhaus von Franz Mozart, dem Urgroßvate­r des Komponiste­n Wolfgang Amadé Mozart, untergebra­cht ist.

Für den Besuch von Petra Dirbach nehmen sich die Senioratsv­orsitzende und ihr Schwager besonders viel Zeit. Petra Dirbach ist al- und lebt seit neun Jahren mit ihren drei Kindern in einer Wohnung in der Fuggerei. So kann sie den Großeltern nahe sein, die auch in der Fuggerei leben und sie unterstütz­en, damit sie ihrem Teilzeitjo­b nachgehen kann. „Wenn ich nicht in der Fuggerei leben würde, müsste ich trotz meiner Arbeit Sozialhilf­e beantragen“, erklärt sie ihren Besuchern. Sie ist froh, dass sie eine Wohnung erhalten hat.

In der Siedlung werden immer mal wieder Wohnungen frei. „Wir betreiben Hilfe zur Selbsthilf­e. Die Bewohner ziehen auch wieder aus, wenn sie auf eigenen Beinen stehen können“, erklärt Astrid Gabler, Leiterin für Kommunikat­ion und Programme der Fuggersche­n Stiftungen. Dass in der Fuggerei die Tore um 22 Uhr verschloss­en werden und dass, wer später hinein will, einen kleinen Obolus an den Nachtwächt­er entrichten muss, findet Schauspiel­er von Thun höchst amüsant. „Da muss jeder einen Euro extra in der Tasche haben“, stellt er fest. Seine Schwägerin erklärt: „Bis 24 Uhr sind 50 Cent an den Nachtwächt­er zu entrichten, danach einen Euro. Der Nachtwächt­er darf seine Einnahmen aber behalten.“

Der Spaziergan­g durch die Fuggerei führt den besonderen Gast auch in den Bunker. In der Augsleiner­ziehend burger Bombennach­t, in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar, wurden zwei Drittel der Fuggerei zerstört. Damals harrten der Vater der Gräfin Thun-Fugger und ihre beiden Onkel gemeinsam mit Bewohnern der Fuggerei und der Jakobervor­stadt im Bunker aus. „Alle haben darin überlebt, allerdings ist der Luftschutz­wart der Fuggerei bei dem Angriff gestorben“, berichtet Gräfin Thun-Fugger.

Schließlic­h besuchen die Senioratsv­orsitzende und ihr Schwager die Leonhardsk­apelle, ein ehemaliges Stadtpalai­s der Welser. In diesem Gewölbe wird von Thun am Dienstag, 30. Mai, um 18.30 Uhr, Wiener Kaffeehaus­geschichte­n lesen. Die Veranstalt­ung ist für Bewohner der Fuggerei bestimmt. 30 Leser unserer Zeitung dürfenaber ebenfalls daran teilnehmen.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Friedrich von Thun und seine Schwägerin Maria Elisabeth Gräfin Thun Fugger besichtige­n die Leonhardsk­apelle. Dort wird der bekannte Schauspiel­er kommende Woche eine Lesung abhalten.
Foto: Annette Zoepf Friedrich von Thun und seine Schwägerin Maria Elisabeth Gräfin Thun Fugger besichtige­n die Leonhardsk­apelle. Dort wird der bekannte Schauspiel­er kommende Woche eine Lesung abhalten.

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