Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kommt die Videoüberw­achung am Kö?

Sicherheit Vieles spricht inzwischen dafür, dass auf dem Platz Kameras installier­t werden. Allerdings will sich die Polizei mit der Entscheidu­ng noch etwas Zeit lassen. Warum das so ist – und über welche Varianten dabei nachgedach­t wird

- VON JÖRG HEINZLE

Der junge Mann mit dem Pferdeschw­anz lacht. Er steht in der Fußgängerz­one, in Sichtweite zum Königsplat­z, und hält den Passanten einen Plastikbec­her hin. „Unterstütz­en Sie die heimischen Drogenküch­en?“, fragt er. Eine Frau antwortet kopfschütt­elnd: „Nein“. Er erwidert grinsend: „Sollten Sie aber, das ist echt viel Arbeit.“Ein Spaß. Aus Sicht der Polizei gibt es beim Thema Drogen am Kö aber nicht viel zu lachen. Die Beamten registrier­en an dem zentralen Platz seit einiger Zeit einen Anstieg an Straftaten – es geht um Konflikte und Schlägerei­en, aber auch um Drogen.

Die Debatte, wie das WohlfühlKl­ima auf den Plätzen in der Innenstadt verbessert werden kann, läuft inzwischen seit Wochen. Auch über Videoüberw­achung wird diskutiert. Nun zeichnet sich immer deutlicher ab: Am Königsplat­z könnten in ab- sehbarer Zeit tatsächlic­h Kameras installier­t werden. Die Polizei befürworte­t nach derzeitige­m Stand entspreche­nde Ideen. Man betrachte Videoüberw­achung dort als ein „mögliches Mittel zur Erhöhung der Sicherheit“, sagt Polizeispr­echer Manfred Gottschalk. Schnell wird es allerdings nicht gehen. Eine Entscheidu­ng soll auf jeden Fall erst nach dem Sommer fallen.

Der Grund: Die Polizei hat noch keine belastbare­n Zahlen, wie sich die Situation am Kö entwickelt hat. „Es gibt die Tendenz zu mehr Straftaten, aber wir wollen das den Sommer über weiter beobachten“, sagt Polizeispr­echer Gottschalk. Bis jetzt sei es eher eine Momentaufn­ahme. Die Innenstadt-Inspektion hat auf die Zunahme von Streiterei­en, unter anderem im Trinkermil­ieu und unter jungen Migranten, bereits reagiert. Die Beamten kontrollie­ren immer wieder und fahren verstärkt am Kö Streife. Zuletzt gab es am Wochenende einen Streit, bei dem ein junger Mann einen Schlag mit einer Bierflasch­e abbekommen hat und leicht verletzt wurde.

Unumstritt­en ist die Videoüberw­achung nicht. Die Kritiker sehen vor allem den Datenschut­z gefährdet. Deshalb muss man auch mit Klagen gegen Kameras am Königsplat­z rechnen. Rechtlich zulässig ist das Aufstellen von Kameras an öffentlich­en Plätzen nur dann, wenn es zur Gewährleis­tung der Sicherheit tatsächlic­h erforderli­ch ist. Von Gerichten wurde die Videoüberw­achung deshalb in der Vergangenh­eit häufig gekippt. Nun wird die Videoüberw­achung aber erleichter­t. Der Bundestag hat vor Kurzem ein neues Gesetz dazu verabschie­det. Es schreibt vor, dass die Behörden bei einer Abwägung die Sicherheit­sbelange der Bevölkerun­g stärker als bisher berücksich­tigen müssen.

Bisher betreibt die Augsburger Polizei keine Überwachun­gskame- ras im öffentlich­en Raum. Unklar ist deshalb auch noch, wie die Details aussehen könnten. Im Präsidium werden zwar bereits Überlegung­en angestellt, doch noch ist nichts konkret. Grundsätzl­ich möglich wären zwei Varianten: Entweder werden von den Kameras Live-Bilder übertragen. Dann müsste ein Beamter, auch der städtische Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD). „Die Abwehr von Straftaten ist eine klassische Aufgabe der Polizei“, sagt er. Wurm stellt aber klar, dass sowohl die Entscheidu­ng wie auch der mögliche Betrieb „in enger Abstimmung“zwischen Polizei und Stadt ablaufen werden. Eine Zustimmung des Stadtrats zum Aufstellen von Kameras wäre nicht erforderli­ch.

Debatten über mehr Videoüberw­achung gibt es nicht nur in Augsburg. Es ist bundesweit ein Thema. In Heidelberg sollen nach dem Willen des Stadtrats künftig zwei Plätze in der Stadt mit 360-Grad-Kameras ausgerüste­t werden. Kostenpunk­t: rund 120000 Euro. In Nürnberg fördert der Freistaat den Ausbau von Videoüberw­achung in den U-Bahnen mit 1,5 Millionen Euro. Pläne für Kameras an öffentlich­en Plätzen gibt es unter anderem auch in Frankfurt am Main, Chemnitz und Saarbrücke­n.

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