Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Er will den Coup in der Heimatstadt
Porträt Vor einem Jahr gelang Frankfurts Trainer Niko Kovac in der Relegation die Rettung. Heute könnte er mit seinem Bruder den ersten Titel als Trainer gewinnen
Mit Drucksituationen kennt sich Eintracht Frankfurts Trainer Niko Kovac aus. Vor einem Jahr ging es für seine Mannschaft in den Relegationsspielen um den Klassenerhalt in der Bundesliga. Denkbar knapp hatten sich die Hessen darin gegen den 1. FC Nürnberg durchgesetzt. Heute steht für den 45-Jährigen erneut ein Entscheidungsspiel an – mit dem Unterschied, dass es diesmal nicht um die sportliche Existenz, sondern um einen Titel geht. Im Endspiel des DFB-Pokals, das am Samstag um 20 Uhr angepfiffen wird, trifft Frankfurt auf Borussia Dortmund. Mit der Situation vor einem Jahr sei das Spiel nicht zu vergleichen, sagte Kovac: „Jetzt ist es eine positive Anspannung. Natürlich wird es sehr viel Adrenalin geben, aber wir haben nichts zu verlieren.“
In diesem Jahr hat sich bei Frankfurt viel verändert: Der Abstiegskandidat, den der Sohn kroatischer Eltern im Frühjahr 2016 in schier aussichtsloser Situation übernommen hatte, spielte eine sorgenfreie Saison und hatte dank der starken ersten Saisonhälfte lange Zeit noch Chancen auf die vorderen Tabellenplätze. Die Arbeitsweise von Kovac war dabei stets dieselbe: Mit großer Ruhe ging der ehemalige Mittelfeldspieler seine Aufgaben an.
In den Relegationsspielen gegen Nürnberg hatte Kovac auch auf andere Weise eine gute Figur abgegeben: Nachdem der Klassenerhalt der Frankfurter und damit das Scheitern der Nürnberger festgestanden war, tröstete er zuerst die enttäuschten Spieler der Franken. Kovac erhielt dafür vom Deutschen Olympischen Sportbund den Fair-Play-Preis des Deutschen Sports. Auch vor der heutigen Begegnung mit dem BVB zeigte der gebürtige Berliner, dass er sich nicht nur mit der Aufstellung seiner Mannschaft beschäftigt. Für die enorme Erwartungshaltung, die im Millionengeschäft Profi-Fußball herrscht, fand Kovac zuletzt deutliche Worte: „Das Geld macht uns krank und lässt uns rational nicht nachdenken.“
Kovac, der mit seiner Frau eine Tochter hat, hat das Geschäft Fußball aus vielen Blickwinkeln kennengelernt: Als Spieler nahm er für Kroatien an jeweils zwei Welt- und Europameisterschaften teil. Bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien trainierte er zusammen mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Robert außerdem die Nationalmannschaft des Landes. Die beiden Brüder pflegen eine enge Beziehung: Bei Bayer Leverkusen, Bayern München und in der Nationalelf standen sie gemeinsam auf dem Platz. Auch bei Eintracht Frankfurt fungiert Robert als Co-Trainer seines Bruders. Die Geschwister könnten heute bei einem Sieg gegen Borussia Dortmund eine besondere Geschichte schreiben. Der Pokal wäre ihr erster Titel als Trainer. Florian Eisele