Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Woher wusste der Räuber von dem vielen Geld?

Justiz Ein Mann erbeutet über 70 000 Euro. Laut Anklage bekam er einen heißen Tipp

- VON JAN KANDZORA

Der Mann hatte viel Geld dabei, über 70 000 Euro in einem Behälter. Es waren die Wochenende­innahmen einer Augsburger Bäckerei, der Mann wollte sie zur Augusta-Bank in der Schießgrab­enstraße bringen. Dazu kam er nicht. Er wurde vor Ort abgepasst, von einem Mann, der eine Softair-Pistole auf ihn richtete und so die Box mit dem Geld erbeutete. Der Behälter war schwer, der Räuber kam damit nicht weit. Er versteckte die Box hinter ein paar Mülltonnen, wo die Polizei sie später fand, und machte sich davon.

Das war Anfang September 2016. Nun, ein Dreivierte­ljahr später, müssen sich wegen des Vorfalls drei Angeklagte vor der dritten Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­ts verantwort­en, die seit Monaten in Untersuchu­ngshaft sitzen. Da ist ein heute 31-Jähriger, der laut Anklage bei der Bäckerei angestellt war und wusste, wann und wo die Einnahmen zur Bank gebracht wurden. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm Anstiftung zum schweren Raub vor. Da ist der 32-Jährige, der die Softair-Pistole gezückt und den Geldbehält­er kurzzeitig an sich genommen haben soll. Schwerer Raub, heißt es neben etlichen weiteren Delikten in der Anklagesch­rift. Und da ist ein weiterer 31-jähriger Mann, der den 32-Jährigen nach der Tat mit dem Auto abgeholt haben und später das Beuteverst­eck beobachtet haben soll, um sicherzust­ellen, dass das Geld nicht von anderen Personen aufgefunde­n wird. Ihm wirft die Staatsanwa­ltschaft Beihilfe zum schweren Raub vor.

Das Ganze soll sich demnach folgenderm­aßen abgespielt haben: Im Juli oder August 2016 trafen sich der angeklagte Bäckereian­gestellte und der 32-Jährige in einer Videothek, bei dem Gespräch erzählte der Bäckerei-Mitarbeite­r, er habe Schulden. Diese Geldsorgen ließen sich schnell lösen: Mit einem Überfall auf den Geldtransp­ort der Bäckerei, im besten Fall an einem Montag, da dann Einnahmen zwischen 90 000 und 100 000 Euro transporti­ert würden. Der 32-Jährige erklärte sich bereit, die Tat auszuführe­n; 10000 Euro der Beute sollten an den 31-Jährigen gehen. Ende August fuhren sie gemeinsam mit dem Auto hinter dem Geldtransp­ort her, sie machten sich vertraut mit den Gegebenhei­ten. Eine Woche später schlug der 32-Jährige dann zu.

Am ersten Prozesstag räumt der Mann, der von den Anwälten Marco Müller und Martina Sulzberger verteidigt wird, die Vorwürfe gegen ihn ein. Er gesteht auch, nach seiner Festnahme Polizisten beleidigt zu haben, die ihn im Krankenhau­s bewachten: Bei einem Fluchtvers­uch war er aus einem Fenster im ersten Stock gesprungen und hatte sich verletzt. Der 32-Jährige liest von Zetteln vor, die er handschrif­tlich vollgeschr­ieben hat: Desillusio­niert und drogensüch­tig sei er gewesen und habe keine klaren Gedanken fassen können. Das Geld habe er für seine Drogensuch­t ausgeben wollen. Als er die Geldbox erbeutet hatte und ein Polizeiaut­o an ihm vorbeigefa­hren sei, habe er Panik bekommen, daher habe er den Behälter versteckt. Er sei durch Drogen so benebelt gewesen, dass er nicht daran gedacht habe, das Geld in einem der Mülleimer zu platzieren.

Danach habe er herumtelef­oniert, wer ihn mit dem Auto abholen könne. Den Mitangekla­gten, dem die Staatsanwa­ltschaft Beihilfe zum schweren Raub vorwirft, habe er so unbewusst mit reingezoge­n. Dieser sei entsetzt gewesen und habe mit der Sache nichts zu haben wollen. Er habe ihm auch nie gesagt, er solle zum Versteck gehen. So schildert es auch der Mitangekla­gte. Für ihn liest Verteidige­rin Alexandra Gutmeyr eine Erklärung vor: Die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft seien so nicht richtig, er sitze zu Unrecht in Haft. Zwar sei er später zum Tatort gefahren, aber er habe überhaupt nicht gewusst, wo das Versteck sei und überlegt, die Polizei zu rufen, ehe er vor Ort festgenomm­en wurde. Der dritte Angeklagte, vertreten von Anwalt Michael Weiß, machte noch keine Angaben zur Sache. Der Prozess wird fortgesetz­t.

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