Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Juncker an Trump: So geht das nicht!

Europa Eine deutliche Botschaft der EU – und ein pikantes Detail zur Vertragspf­licht

- VON DETLEF DREWES

Die Atmosphäre schien schon vergiftet, als Donald Trump noch überlegte, ob und wenn ja wie sich die Vereinigte­n Staaten aus dem Klimaschut­zabkommen von Paris verabschie­den könnten. „Bitte verändern Sie nicht das (politische) Klima“, bat Ratspräsid­ent Donald Tusk den amerikanis­chen Präsidente­n bereits am Donnerstag­vormittag. Nicht per Telefon, sondern via Kurznachri­chtendiens­t Twitter.

Auch in Brüssel hat sich herumgespr­ochen, dass man den neuen Mann im Weißen Haus am besten auf diesem Wege erreichen kann. Und so schickte auch Umweltkomm­issar Miguel Arias Canete seine Botschaft in der gebotenen Kürze von 140 Zeichen hinterher: „Wir sind auf der richtigen Seite der Geschichte.“Das Abkommen von Paris sei „eine Wachstumsm­aschine für unsere Wirtschaft­en“.

Besonders heftig reagierte Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker, als er aus dem Nähkästche­n des G7-Gipfels plauderte. Die Partner hätten versucht, Trump die Inhalte und Verpflicht­ungen des Klimaschut­z-Paketes nahezubrin­gen – „in klaren Hauptsätze­n“, witzelte der Luxemburge­r weiter. Aber offensicht­lich habe sich der US-Präsident „den Dossiers nicht genug genähert, um sie vollumfäng­lich zu begreifen“. Wenn der amerikanis­che Präsident sagen würde, er wolle aus dem Pariser Abkommen aussteigen, „dann ist es die Pflicht Europas zu sagen: So geht das nicht.“

Tatsächlic­h offenbart ein Blick in den Vertragste­xt eine pikante Rechnung. Er trat am 4. November 2016 in Kraft. Ein Austritt kann formaljuri­stisch frühestens drei Jahre später erklärt werden – also zum 4. November 2019. Rechtswirk­sam würde der Schritt ein Jahr später – zum 4. November 2020. Einen Tag vorher finden die nächsten amerikanis­chen Präsidents­chaftswahl­en statt.

Was Juncker vor allem umtreibt, ist die Tatsache, dass ein energische­r Einsatz für die Ziele des Pariser Abkommens keineswegs nur die Europäer betrifft, sondern mehr noch die Bewohner anderer Staaten. 83 Länder liefen Gefahr, von der Erdoberflä­che zu verschwind­en, wenn man das Ruder nicht sofort herumreiße, warb der Kommission­schef bei einer Veranstalt­ung der deutschen Arbeitgebe­rverbände in Berlin. Natürlich werde die EU mit ihrer Zusage, die Ziele des Pariser Schlussdok­umentes einzuhalte­n, unbeirrt fortfahren. Aber in der Union weiß man, was eine Abkehr der USA nicht nur umweltpoli­tisch, sondern auch ökonomisch bedeuten würde: Wenn die US-amerikanis­chen Konzerne nicht mehr in moderne Klimaschut­z-Technologi­e investiere­n müssten, könnten sie billiger produziere­n und sich damit auf dem Weltmarkt möglicherw­eise Wettbewerb­svorteile sichern, die Auswirkung­en auch auf Europa hätten.

Mancher ehrgeizige ökologisch­e Vorstoß würde dann vermutlich noch einmal hinterfrag­t werden. Allerdings gibt es in Brüssel auch besonnene Stimmen. Tatsächlic­h hat Trump als US-Präsident nur begrenzte Möglichkei­ten, da ein Großteil der Umweltschu­tzgesetzge­bung in der Verantwort­ung der amerikanis­chen Bundesstaa­ten liegt. So gilt Kalifornie­n mit sehr weitreiche­nden Klimaschut­z-Vorgaben bei vielen Umweltpoli­tikern als Vorbild auch für Regionen außerhalb der Vereinigte­n Staaten.

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