Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Viele putzen schwarz

Dienstleis­tung Die Nachfrage nach Haushaltsh­ilfen ist groß. Doch häufig sind die Beschäftig­ten nicht angemeldet. Warum das so ist, welche Risiken bestehen und welche Lösung besser wäre

- VON ANDREA WENZEL

Karin Schweizer und Esra Yildrim sind ein gutes Team: Während die eine die Betten zum Lüften hängt, saugt die andere schon mal das Schlafzimm­er durch. Gleich muss Karin los, um die Kinder vom Sport abzuholen. Dann wird Esra das Bad putzen und wenn die Zeit noch reicht, dort auch gleich den Boden wischen. Karin ist verheirate­t, Mutter von zwei Kindern und in Teilzeit berufstäti­g. Ihre freie Zeit ist knapp bemessen. Deshalb schätzt sie die Besuche von Esra. Die junge Frau geht ihr im Haushalt zur Hand. 12 Euro die Stunde zahlt ihr Karin dafür – schwarz.

Die beiden Frauen dieser kurzen Geschichte sind frei erfunden. Sie bilden aber genau die Situation und den durchschni­ttlich genannten Stundenloh­n ab, die uns während der Recherche zu diesem Thema häufig beschriebe­n und genannt wurden. Öffentlich dazu äußern wollte sich keiner der Befragten. Schließlic­h ist Schwarzarb­eit strafbar – auch wenn es „nur“um Unterstütz­ung im Haushalt geht.

Laut Institut der Deutschen Wirtschaft arbeiten rund 80 Prozent der Haushaltsh­ilfen in Deutschlan­d schwarz, das sind aktuellen Schätzunge­n nach rund drei Millionen Menschen. Eine Quote, die Rosemarie Weber, Vorsitzend­e des DHB-Netzwerk Haushalt Augsburg, dem ehemaligen Hausfrauen­bund, nicht überrascht. „Einigen Menschen, mit denen ich spreche, scheint gar nicht bewusst zu sein, dass sie ihre Haushaltsh­ilfe schwarz beschäftig­en“, sagte sie. „Sie bewerten deren Dienste mehr als Nachbarsch­aftshilfe, denn als Erwerbstät­igkeit. Anderen fehlt schlichtwe­g das Unrechtsbe­wusstsein.“Das Netzwerk Haushalt setzt sich daher stark dafür ein, Reinigungs­kräfte legal zu beschäftig­en. Aus verschiede­nen Gründen. „Wenn jemand schwarz arbeitet und nicht bei einem zuständige­n Unfallvers­icherungst­räger angemeldet wird, kann die Versicheru­ng die Kosten vom Auftraggeb­er zurückford­ern“, sagt Weber. „Da weder Steuern noch Sozialvers­icherungen gezahlt werden, können Rückforder­ungen über mehrere Jahre fällig werden. Außerdem machen sich sowohl die Schwarzarb­eiter als auch die Auftraggeb­er strafbar.“Verursache die Reinigungs­kraft im Haus einen Schaden, komme deren Haftpflich­tversicher­ung nicht dafür auf und der Auftraggeb­er bliebe gegebenenf­alls auf dem Schaden sitzen.

Argumente, die eigentlich für eine legale Beschäftig­ung sprechen würden, wo Unfall- und oftmals Berufshaft­pflichtver­sicherung abge- deckt sind. Doch nach wie vor bleibt die Zahl schwarz beschäftig­ter Reinigungs­kräfte hoch. Die Gründe sind vielschich­tig: Die Angst der Arbeitgebe­r vor zu viel Bürokratie, das bekannte Argument „Das haben wir immer schon gemacht“und der Wunsch der Arbeitnehm­er selbst, möglichst brutto für netto zu verdienen, werden uns von unseren befragten Augsburger­n genannt.

„Bei Menschen, die Unterhalts­oder Sozialleis­tungen beziehen, würden die Einnahmen aus einem Minijob teilweise angerechne­t werden. Das wollen viele umgehen“, ergänzt Wolfgang Buschfort von der Deutschen Rentenvers­icherung. Wer mehr als die steuerfrei­en 450 Euro verdienen will, agiert oftmals ebenfalls schwarz, um Abgaben zu vermeiden.

Obwohl die Zahl illegal beschäftig­ter Haushaltsh­ilfen hoch ist, stehen sie offenbar nicht in KonkurDHB renz zu Anbietern wie dem DHB Netzwerk Haushalt. Laut Heike Pietsch, Leiterin des zugehörige­n Dienstleis­tungszentr­ums, sind die Anfragen nach legal beschäftig­ten Reinigungs­kräften hoch. „Wir haben dreimal so viele Nachfragen als wir abdecken können“, erzählt sie. Schwierigk­eiten habe sie vor allem damit, qualifizie­rtes Personal zu finden. „Wir beschäftig­en und vermitteln nur ausgebilde­te Hauswirtsc­hafterinne­n, mit einwandfre­iem polizeilic­hem Führungsze­ugnis und Schufa-Auskunft.“Schließlic­h sei der Einsatz in Privathaus­halten besonders sensibel. Wer die Einstellun­gshürden nimmt, bekommt dann den Tariflohn von 11,75 Euro. Der Rest des Betrages von 23,50 Euro plus Mehrwertst­euer, den das Dienstleis­tungszentr­um vom Kunden erhebt, wird laut Pietsch für Verwaltung, Versicheru­ngen und Lohnnebenk­osten aufgewandt.

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Foto: Franziska Kraufmann, dpa Viele Putzhilfen in deutschen Haushalten sind nicht angemeldet. Sie arbeiten schwarz. Gerne sprechen mag über dieses Thema kaum einer der Betroffene­n. Die illegale Be schäftigun­g ist aber für die Putzkräfte wie für die Auftraggeb­er riskant.

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