Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das klingt nach Karriere
Gesang Sophia Brommer wollte im Frühjahr eine neue Rolle einstudieren, bis eine Anfrage aus Kopenhagen kam, zu der sie spontan „Ja“sagte. Cathrin Lange erntet in Basel großes Lob. Kurios: Beide sind in Österreich für einen Preis nominiert
Beide Sopranistinnen haben in Augsburg schon großen Eindruck hinterlassen; beide geben gerade anderswo eindrucksvolle Gastspiele. Sophia Brommer an der Royal Danish Opera in Kopenhagen, Cathrin Lange am Theater Basel.
Von 2007 bis 2013 war Sophia Brommer Ensemblemitglied des Theaters Augsburg. Doch auch nun, seit sie ihre nächsten Karriereschritte eingeleitet hat, ist die Verbindung zum Augsburger Publikum nicht abgerissen. Wenn in Augsburg ein Konzert mit Brommer veranstaltet wird, wird ihr Name in großen Lettern auf die Plakate gesetzt. Erst jüngst kam es aber zu einer kurzfristigen Absage der Sopranistin – ein Konzert musste entfallen, weil Brommer in eine gerade entstehende Opernproduktion für eine erkrankte Kollegin eingesprungen ist.
An der Royal Danish Opera in Kopenhagen stand „Hoffmanns Erzählungen“von Jacques Offenbach auf dem Programm, die ursprüngliche Sängerin der Olympia/Giulietta fiel aus. Brommer berichtet, dass sie Anfang April ihre Zeit dafür nutzen wollte, sich auf ihre nächste Partie der Donna Anna in Mozarts „Don Giovanni“am Gärtnerplatztheater in München vorzubereiten (Premiere am 24. Juni, erste Vorstellung mit Brommer am 26. Juni). Das Opernhaus in Kopenhagen suchte verzweifelt nach einem Ersatz, der sowohl für die verbliebene Probenzeit auch für alle geplanten Vorstellungen Zeit hatte und der extremen Opernpartie gewachsen war. „Stefan Herheims Inszenierung ist auch in szenischer Hinsicht außerordentlich anspruchsvoll“, so Brommer. Die Oper, eine Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen (2015) und der Oper Köln, sieht als Bühnenbild eine acht Meter hohe Steiltreppe mit 32 Stufen vor. Brommer sagt, darauf könne ohne Proben nicht gespielt werden. „Ich kannte die Partie außer dem Herzstück, der Olympia-Arie, nicht. Ich habe auf meinen Instinkt und mein Gefühl vertraut, die Herausforderung anzunehmen.“In kürzester Zeit lernte Brommer die Partie, musste dafür aber andere Projekte absagen, „was mir sehr schwerfiel“. Jetzt sagt sie, dass sich die Entscheidung gelohnt habe. „Die Arbeit mit Herheim war großartig, intensiv und sehr fordernd; die Premiere ist mit großem Erfolg über die Bühne gegangen.“
Allerdings hat sich die Hektik für Brommer nicht gelegt. Während die Vorstellungen von „Hoffmanns Erzählungen“in Kopenhagen anstehen, haben die Proben zu Mozarts „Don Giovanni“am Gärtnerplatztheater begonnen. Premiere dort ist Ende Juni. „Momentan bin ich ständig unterwegs zwischen Kopenhagen, München und Augsburg“, sagt Brommer.
Die Augsburger Sopranistin Caals thrin Lange zog es in eine andere Richtung – in den Westen. Seit 2009 ist Lange am Theater Augsburg engagiert. Sie gehört als Publikumsliebling und ausgewiesene Könnerin zu den wenigen Mitgliedern des Opernensembles, die beim anstehenden Intendantenwechsel für Kontinuität stehen: Sie wird auch in der kommenden Spielzeit in Augsburg singen. In den zurückliegenden beiden Jahren ist Lange öfters an anderen Häusern als Gast aufgetreten: an der Staatsoper in Stuttgart, der Oper in Graz, am Theater Ulm, dem Pfalztheater Kaiserslautern und am Staatstheater Saarbrücken. Gerade hat die Sopranistin am Theater Basel ein Gastengagement. Sie singt die Partie der Miss Schlesen in Philipp Glass’ „Satyagraha“.
Diese Partie hat sie neu einstudiert; und das, was Lange darin zu singen hat, beschreibt sie als physisch und technisch äußerst fordernd. „Die Stimme ist sehr hoch gelagert, das ist sehr anstrengend, eine Höchstleistung“, sagt sie. Eine weitere Hürde für die Sänger bietet die Oper. Die vielen Wiederholungen, mit denen Glass in seinen minimalistischen Kompositionen arbeitet, erfordern ein Höchstmaß an Konzentration. „Ich bin ständig am Zählen“, sagt Lange. „Aber das Ganze entwickelt eine starke Sogwirkung.“ Nach der Premiere Ende April lobten Kritiker die Sopranistin, in einer hieß es: „Unter den Solisten gefällt besonders Cathrin Lange mit ihrem klaren, tragfähigen Sopran in der Rolle von Gandhis Sekretärin Miss Schlesen.“
Im Juni stehen noch vier Termine in Basel auf dem Spielplan. In der kommenden Spielzeit wird die Produktion an der Komischen Oper in Berlin in den Spielplan aufgenommen (Premiere am 27. Oktober 17) – wieder mit Lange als Miss Schlesen. Trotz der vielen Gastengagements – weg von Augsburg möchte Lange nicht. „Das ist mein Lebensmittelpunkt, so wie es jetzt läuft, ist es eigentlich am schönsten.“
Die beiden Augsburger Sopranistinnen sind gerade für den Österreichischen Musiktheaterpreis 2017 nominiert: Sophia Brommer in der Kategorie „Beste weibliche Hauptrolle“für die Partie der Luisa in „Luisa Miller“an der Oper Graz und Cathrin Lange in der Kategorie „Beste weibliche Nebenrolle“für die Partie „Blonde“in „Die Entführung aus dem Serail“ebenfalls an der Oper Graz. Und, da schließt sich der Bogen, ebenfalls nominiert ist der ehemalige Augsburger Generalmusikdirektor Dirk Kaftan in der Kategorie „Beste musikalische Leitung“für „Der ferne Klang“– ja, auch an der Oper Graz. Dort bündeln sich gerade viele Karrierewege, die zuvor in Augsburg ihren Ausgang genommen haben.
Ständig muss Cathrin Lange auf der Bühne mitzählen