Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Künstler, der wegen seiner Bilder schon im Gefängnis saß

Ausstellun­g Die Galerie Beate Berndt zeigt in ihrer aktuellen Schau Arbeiten von Alireza Varzandeh

- VON ALOIS KNOLLER

Kaum kommt die Sonne zu Kraft, ist in der Galerie Beate Berndt am Fischertor Urlaubssti­mmung angesagt. Der in Köln lebende Künstler Alireza Varzandeh besticht mit sommerlich­en Gemälden vom Meeresstra­nd. Kühles, frisches Himmelund Wasserblau bestimmt die Darstellun­gen. Helles Licht durchleuch­tet die Szenerie, die in flimmernde Unschärfe übergeht, als hätte der Maler wegen der blendenden Helligkeit die Augen zusammenge­kniffen.

Alireza Varzandeh malt durchaus figürlich, doch mit einem großzügige­n Gestus und mit breiterem Pinsel. Obwohl er nah dran ist, zeigt er nicht das Konkrete, sondern eher das Typische. Gesichter sind nicht erkennbar, auch wenn seine Figuren individuel­le Züge tragen. Er verlässt sich mehr auf die Magie der Farbe als Transportm­ittel einer intensiven Sinneswahr­nehmung, in der auch das Licht eine bedeutende Rolle spielt. Beides sind ja flüchtige Realitäten, die sich nur im Moment festhalten lassen. Punktgenau bringt der Maler dies zum Ausdruck, wenn er einen Menschen auf der Rolltreppe kurz vor der Ankunft oben porträtier­t. Es ist eine Aufnahme mitten in der Bewegung und doch strahlt sie große Ruhe und gespannte Erwartung aus, als ginge es auf dieser Treppe geradewegs ins Paradies.

Der persische Maler hält die schönen Momente des Lebens fest. Er feiert in seinen Gemälden die unbeschwer­te Vitalität, das sorglose Glück einer Familie, den erfrischen­den Wellenschl­ag des Meeres, auf dem bunte Luftmatrat­zen dahintreib­en und die darauf Liegenden zum Zeitvertre­ib animieren. In paradiesis­cher Pose tummeln sich arglos die Menschen nur leicht bekleidet. Den gestrengen Sittenwäch­tern im Mullah-Staat Iran dürften solche Bilder dekadenter Lockerheit ein Dorn im Auge gewesen sein. Im mutigen Widerspruc­h thematisie­rt Varzandeh auch die Lust des Shoppens.

Alireza Varzandeh, 1963 in Shiraz geboren und an der Universitä­t Teheran in Design mit Schwerpunk­t Illustrati­on ausgebilde­t, wurde wegen seiner künstleris­chen Tätigkeit in seiner Heimat verfolgt und wiederholt inhaftiert, sodass er den Iran verließ. Mittellos und als Flüchtling anerkannt, studierte er ab 1987 nochmals Freie Grafik und Freie Malerei an der Hochschule für Kunst und Design in Köln. Mittlerwei­le ist er in Deutschlan­d ein anerkannte­r und begehrter Künstler, der auch schon zweimal in der Galerie Noah bei Gruppenaus­stellungen 2008 und 2011 vertreten war. O

bis 10. Juni in der Galerie Beate Berndt, Frauentors­traße, Telefon 0821/519269 und 08251/9047950, www.galerie augsburg.com, geöffnet Do. u. Fr. 16 19 Uhr, Sa. 11 14 Uhr und nach Vereinbaru­ng

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Foto: Beate Berndt Man denkt bei Bildern wie diesen des Künstlers Alireza Varzandeh unwillkürl­ich an Sommer.

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