Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Warum es heute die Abiturnoten gibt
Schule Florian Bigelmaier aus Emersacker hat im Februar eine Online-Petition gestartet: Die Prüfungsergebnisse sollen früher veröffentlicht werden. Der 18-Jährige hatte Erfolg – und war von den Reaktionen überrascht
Emersacker Gestern noch hatte er seine letzte mündliche Abiturprüfung in Geschichte/Sozialkunde, heute bekommt Florian Bigelmaier seine Noten. Und nicht nur er, sondern etwa 40 000 weitere junge Leute, die in den vergangenen Wochen an den bayerischen Gymnasien ihre Reifeprüfung gemacht haben. Viele werden in dieser Nacht schlecht geschlafen haben und mit schwitzigen Händen auf das Ergebnis warten. Für Florian Bigelmaier aus Emersacker im Augsburger Landkreis ist der heutige Tag aber ein noch besonderer Tag als für die anderen. Denn dass die bayerischen Abiturienten bereits heute ihre Noten bekommen, ist zu einem großen Teil sein Verdienst.
Der 18-Jährige hat im Februar zusammen mit vier Mitschülern eine Petition im Internet gestartet (wir berichteten). Die Forderung: Die Abinoten sollen statt wie damals geplant am 19. Juni schon am 2. Juni bekannt gegeben werden. Die Begründung: „Wir haben zwei Wo- in denen wir nicht wissen, wie es ausgegangen ist“, sagte er damals. Und wer in die Nachprüfung muss – weil er zu schlecht war oder nur knapp an der besseren Note vorbeigeschrammt ist –, hätte nur einen Tag zur Vorbereitung gehabt. Auch für die Bewerbung an der Uni oder für einen Auslandsaufenthalt wäre es besser, die Noten früher zu haben. Bigelmaier traf mit seinem Anliegen einen Nerv: Im Sekundentakt schnellten die Unterstützerzahlen nach oben. Nur wenige Tage später meldete das Kultusministerium: Der Termin wird tatsächlich verlegt. Die Noten sollen jetzt am Freitag vor den Pfingstferien verkündet werden – und nicht mehr am Montag danach.
Das Ministerium betonte zwar, es habe den Termin nicht aufgrund der Petition verlegt. Aber der Druck aus dem Internet war dennoch beachtlich: 25 180 Menschen, davon fast 000 aus Bayern, hatten die Petition unterzeichnet. Zum Vergleich: Auf dem Online-Portal Openpetition wurden im vorigen Jahr 2062 Petitionen veröffentlicht, die insgesamt 2,67 Millionen Unterschriften bekamen, heißt es im gestern veröffentlichten Jahresbericht. Das sind durchschnittlich 1300 Unterzeichner pro Petition – Bigelmaiers Abianliegen schaffte ein Vielfaches. Die Schüler haben es vor allem über Whatsapp und Facebook verbreitet.
Von dem Erfolg war Bigelmaier selbst überrascht, erzählt er nun, knapp vier Monate später: „Wir haben gehofft, dass es Wellen schlägt. Aber wir waren positiv erschrocken, dass es so schnell ging.“Immer wieder sei er auf seine Aktion angesprochen worden, habe zahlreiche Mails von Unterstützern und Kritikern bekommen, Interviews für Zeitungen und Radiosender gegeben. Und er habe auch mehrmals mit Lehrern diskutiert, berichtet er. Einige von ihnen sahen das Engagement kritisch. Denn dass die Schüler nun zwei Wochen länger Zeit haben, sich auf die Nachprüfungen vorzubereichen, ten, heißt auch: Die Lehrer hatten zwei Wochen weniger Zeit zum Korrigieren. Diese Problematik sei ihm durchaus bewusst gewesen, betont der Abiturient. Aber ein Kompromiss sei ja nicht möglich gewesen, weil zwischen den beiden Terminen die Ferien liegen. Eine Leh24 rerin aus Landshut hatte sogar noch eine Gegenpetition gestartet, die immerhin gut 9000 Unterstützer bekam, doch die Entscheidung des Ministeriums stand fest.
Florian Bigelmaier ist froh, dass es nach der Aufregung um die Petition schnell wieder ruhig geworden ist. So konnte er sich in den vergangenen Wochen auf die Prüfungen konzentrieren. „Es ist vergleichsweise gut gelaufen“, meint er. „Nur mit Deutsch war ich nicht so zufrieden.“Dass er selbst in die Nachprüfungen muss, glaubt Bigelmaier nicht. Er wird im Herbst ein duales Webdesign-Studium beginnen. Und dass die Abiturienten heute schon Bescheid wissen, wie es gelaufen ist, hat ja auch den Vorteil, dass sie (zumindest die meisten von ihnen) heute schon feiern können. An seinem Gymnasium in Wertingen läuft die Party am Tag der Notenbekanntgabe immer gleich ab, erzählt Bigelmaier: Erst gibt es einen kleinen Umzug durch die Stadt, dann feiern Abiturienten, Ehemalige und Lehrer zusammen in Tracht ein „weißblaues Fest“.
Lehrer waren mit dem Termin nicht einverstanden