Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gersthofen rückt den Festplatz raus
Abstimmung Eine Kehrtwende im Stadtrat macht für die Pläne des Landkreises den Weg frei. Ein knappe Mehrheit boxt einen bereits abgelehnten Vorschlag doch noch durch
Gersthofen Die Kehrtwende ist beschlossen: Die Stadt Gersthofen stellt dem Landkreis ihren Festplatz zur Verfügung, falls dieser nun doch einen Neubau für das in die Jahre gekommene Paul-Klee-Gymnasium realisiert. Dies beschloss der Stadtrat nach zweistündiger Debatte am Mittwochabend. Damit hat der Landkreis nun alle Optionen, die ihm von der Stadt bisher vorenthalten wurden.
Bisher hatte die Stadt eine Überlassung des Festareals an der Schubertstraße ausgeschlossen. Nicht zuletzt die Gruppierung W.I.R. war strikt dagegen, weil sie in diesem Fall den Bestand der neuntägigen Kirchweih gefährdet sah.
Grund der Kehrtwende sind neueste Bevölkerungsprognosen, die im April im Stadtrat vom Gersthofer Stadtplaner Roland Schmidt und dem Statistiker Christian Rindsfüßer vom Institut SAGS vorgestellt wurden. Demnach steigt die Bevölkerung von 22 146 im Jahr 2016 auf bis zu 27600 im Jahr 2030 beziehungsweise 32 700 in 2035. Infolgedessen werden auch die Schülerzahlen in der Mittelschule von heute 652 auf bis zu 954 steigen. Statt der 30 Klassen im Schuljahr 2017/2018 könnten es 2035 dann 40 bis 47 Klassen werden.
Dabei ist die auf 24 Klassen ausgelegte neue Gersthofer Mittelschule bereits vor ihrer Eröffnung im September zu klein. Sechs Klassen müssen zusätzlich in Fachräumen untergebracht werden.
Der Landkreis hatte zuletzt beschlossen, das Gymnasium im Bestand zu sanieren. Dafür müssten 900 Schüler während der Bauarbeiten in eine Containerschule auf dem Festplatz umziehen. Als der mögliche Meinungsumschwung Gersthofens bekannt wurde, wurden die bereits weit vorangeschrittenen Planungen für die Sanierung komplett eingefroren.
Der Stadtrat war sich in der jetzi- gen Abstimmung einig, dass der Festplatz für einen eventuellen Neubau des Paul-Klee-Gymnasiums als Tauschfläche für das bisherige Schulgelände zur Verfügung gestellt wírd und die Verwaltung über die Bedingungen dafür verhandeln soll. Das bisherige Gymnasiumsgelände könnte in diesem Fall für eine Erweiterung der Mittelschule genutzt werden. Außerdem soll die Verwaltung Entscheidungsgrundlagen für eine Verlegung des Festplatzes erarbeiten. Vage ins Gespräch gebracht worden ist unter anderem bisher das Areal nördlich des Gersthofer Feuerwehrhauses und des Friedhofs. Diese Punkte waren unstrittig.
Eine zweistündige Diskussion löste allerdings ein kurzfristig gemeinsam von den Fraktionen CSU und W.I.R. eingereichter Antrag aus: Dieser sah vor, dass die Stadt dem Landkreis das alte Mittelschulgebäude kostenfrei zur Nutzung als Interimsbau zur Verfügung stellt, wenn das Gymnasium am jetzigen Standort saniert oder neu gebaut wird. „Es geht uns um Ehrlichkeit gegenüber dem Landkreis. Er soll alle Optionen offen haben“, begründeten die Fraktionsvorsitzenden Max Poppe (CSU) und Georg Brem (W.I.R.) ihren Vorstoß. Poppe: „Wir wollen keinen Einfluss auf die Entscheidung des Kreistages ausüben, indem wir diesem eine mögliche Option von vornherein vorenthalten.“Faktisch stünden derzeit drei Schulen auf dem Gelände. „Zukünftige Ausbaustufen des Gymnasiums und der Mittelschule in acht bis zehn Jahren wären auch auf dem heutigen Areal in jedem Fall gewährleistet.“Georg Brem betonte, dass seine Fraktion von ihrem kategorischen Nein zur Überlassung des Festplatzes abgerückt sei.
Gegen diesen Antrag sprach sich Michael Wörle aus: „Wenn wir diesem Antrag zustimmen, haben wir in den nächsten fünf bis sechs Jahren keine Pausenflächen für die 1500 Schüler beider Schulen.“Bei einer Zustimmung würden künftig 900 Gymnasiasten in einem Gebäude für 600 Schüler ohne Fachräume unterrichtet. Zudem habe der Landkreis eine Nutzung der alten Mittelschule schon 2015 schriftlich abgelehnt. „Es könnte außerdem sein, dass bei diesem Angebot die Sanierungsvariante billiger wird, sodass auf einen Neubau aus Kostengründen verzichtet wird“, so Wörle weiter.
Gegen den Antrag war auch Albert Kaps (Pro Gersthofen): „Eine schnelle Lösung muss her, weil der Landkreis mitten in den Planungen ist.“
Mit der Mehrheit von CSU und W.I.R. stimmte der Stadtrat schließlich mit einem knappen Verhältnis von 15:14 Stimmen dafür, dass die alte Mittelschule bei Bedarf dem Landkreis Augsburg überlassen wird.
„Es könnte sein, dass die Sanierungsvariante billiger wird, sodass auf einen Neubau aus Kostengründen verzichtet wird.“ Bürgermeister Michael Wörle