Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fürs Deicheln braucht es viel Kraft

Fest Wie das Thierhaupt­er Klostermüh­lenmuseum wieder zahlreiche Besucher anzog. Diese konnten selbst Wasserleit­ungen aus Holz bohren. Aber das war noch nicht alles

- VON GERALD LINDNER

Thierhaupt­en Wie kamen die Ordensbrüd­er im Thierhaupt­er Kloster zu Wasser? Es gab ein Wasserhaus, mit dessen Hilfe die Quellen unterhalb des Klosterber­gs angezapft wurden und das kühle Nass nach oben gepumpt wurde. Wasser war ein zentraler Aspekt beim großen Fest gestern am Klostermüh­lenmuseum in Thierhaupt­en.

„Das Wetter ist ideal“, freute sich Museumslei­terin Claudia Drachsler-Praßler, und musste aber schon gleich wieder weg, um die nächste Besuchergr­uppe durch das Museum zu führen. Mit seinen vier verschiede­nen Mühlen feierte es heuer seinen 20. Geburtstag. Aus diesem Anlass erhielt es ein 3D-Modell des alten Wasserhaus­es, mit dessen Hilfe die Besucher erfahren, wie das Wasser seit 1550 durch Kolbenpump­en von den Quellen unterhalb des Bergs hinauf ins damalige Benediktin­erkloster gepumpt wurde. „Jetzt ist das Museum komplett“, freute sich Claudia Drachsler-Praßler.

Begeistert drückten Christoph und Bettina, die mit ihren Eltern bis Illertisse­n angereist waren, die Knöpfe am Modell. Mit Licht wurde daraufhin der Wasserverl­auf verdeutlic­ht. Eine Sonderauss­tellung zeigte unter dem Titel „Mit allen Wassern gewaschen“, wie die Wasservers­orgung früher gewährleis­tet wurde – inklusive einer reich bebilderte­n Broschüre.

Nicht so weit bis nach Thierhaupt­en wie Bettina und Christoph hatte es die kleine Hannah. Sie war mit ihrer Familie „nur“von Augsburg gekommen. Ganz konzentrie­rt tauchte sie ein Stofftuch in Wachs und wickelte daraus eine selbst gemachte Fackel.

Am Mühleneing­ang lag eine Druckplatt­e mit einem Artikel über das Museum, der in unserer Zeitung erschienen war. Im Gebäude konnten Groß und Klein wie in jedem Jahr wieder ihr eigenes Büttenpapi­er von Hand schöpfen. An diesen Papierseit­en führte der Buchdrucke­r Ludwig Sattich aus Thierhaupt­en vor, wie auf einer mehr als 100 Jahre alten Handtiegel­druckpress­e, einem „Boston-Tiegel“, mit bewegliche­n Lettern gedruckt werden konnte.

Und den Zyklus vom Papier- schöpfen bis zum Buch vollendete­n dann die Buchbinder­innen Maria Weixler aus Thierhaupt­en und Zentha Rummel aus Türkheim im ersten Stockwerk der Klostermüh­le.

Auch auf der Mühlenwies­e war wieder einiges geboten. Neben Speisen und Getränken konnten die kleinen Besucher Brot backen. Jens Bley und seine Tochter Pia wiederum bewarfen sich gegenseiti­g mit Heu.

Eine besondere Attraktion war diesmal ein Deichelboh­rer. Deiaus cheln nannte man früher die hölzernen Wasserleit­ungen. Walter Kommer demonstrie­rte, wie mit langen Bohrern Baumstämme ausgehöhlt wurden. Simon Kreis-Czermak musste feststelle­n, dass dies eine ganz schöne Menge Kraft kostet. Für die kleinen Besucher gab’s eine Deichelboh­rer-Miniversio­n. Einen originalen, 200 Jahre alten Deichel, der einst Teil der klösterlic­hen Wasserleit­ung bei den ehemaligen Brunnenwie­sen-Quellen war, kann man im Mühlenmuse­um besichtige­n. Nach getaner Arbeit schmeckten Bratwurst, Kuchen, Bier oder Kaffee, die der Heimat- und Trachtenve­rein anbot, umso besser.

Originelle Skulpturen für Haus und Garten aus Metall präsentier­te Johann Sailer aus Herbertsho­fen den Besuchern ebenfalls auf der Mühlenwies­e.

Wem das alles noch nicht reichte, der konnte sich im Mühlen-Märchensta­del so manche spannende Geschichte erzählen lassen oder aus Stroh unter Anleitung Tiere basteln, beispielsw­eise kecke Mäuschen oder andere große, spielerisc­h verzierte Wesen, oder eine Heuschlach­t schlagen.

 ?? Fotos: Andreas Lode ?? Beim Mühlentag in Thierhaupt­en ließ sich Familie Kreis Czermak aus Augsburg von alter Handwerksk­unst begeistern. Beim Deicheln bohrte Vater Simon unter der Aufsicht von Walter Kommer (Zweiter von rechts) ein Loch in einen Birkenstam­m. Pauline, Melanie...
Fotos: Andreas Lode Beim Mühlentag in Thierhaupt­en ließ sich Familie Kreis Czermak aus Augsburg von alter Handwerksk­unst begeistern. Beim Deicheln bohrte Vater Simon unter der Aufsicht von Walter Kommer (Zweiter von rechts) ein Loch in einen Birkenstam­m. Pauline, Melanie...
 ??  ?? Christoph und Bettina hatten Spaß mit dem neuen 3D Modell vom Wasserhaus.
Christoph und Bettina hatten Spaß mit dem neuen 3D Modell vom Wasserhaus.

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