Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein politisch brisanter Fall

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Air Berlin ist ein schwierige­r Patient, leidet die Fluggesell­schaft doch unter Schulden, die eine Milliarde übersteige­n. Die Manager des Unternehme­ns haben seit Jahren versagt. Sie sind daran gescheiter­t, aus der Airline eine erfolgreic­he deutsche Ryanair zu formen. Die Iren machen den Deutschen vor, wie es geht, trotz günstiger Preise profitabel zu fliegen.

Inzwischen hat auch der AirBerlin-Großaktion­är Etihad schmerzlic­h erkannt, dass die Airline nur schwer vom falschen Kurs abzubringe­n ist. Die hinter Etihad stehenden Scheichs aus Abu Dhabi bereuen ihr deutsches Abenteuer sicher. Denn Chaos und Misswirtsc­haft, wie sie in dem Unternehme­n sesshaft geworden sind, lassen sich nur mit harter Hand beenden. Das liegt Scheichs zumindest im Ausland nicht, schließlic­h wissen die Geldgeber, dass sie rasch als Totengräbe­r an den Pranger gestellt werden.

Air Berlin ist zum Gespött verkommen. Die Fluglinie strapazier­te gerade in Berlin durch DauerVersp­ätungen die Nerven der Kunden. Selbst frühere Fans des Lufthansa-Rivalen haben längst die Geduld verloren.

Soll jetzt der Staat die Airline vor dem Untergang bewahren? Eine heikle Frage, gerade im Bundestags­wahlkampf. Politiker können sich leicht die Finger verbrennen, wenn sie Bürgschaft­en für Air Berlin kategorisc­h ausschließ­en, auch wenn es wie in diesem Fall wirtschaft­lich geboten ist. Man erinnere sich nur an den unglücksel­igen FDP-Politiker Philipp Rösler, der seine Partei als kaltherzig wirken ließ, als er eine Auffanglös­ung für SchleckerF­rauen ablehnte. Rösler empfahl ihnen auch noch, schnellstm­öglich eine „Anschlussv­erwendung“zu suchen. So ungeschick­t wird im brisanten politische­n Fall „Air Berlin“wohl kein Politiker auftreten.

Die Deutschen mögen es nicht, wenn der Staat wankende Firmen im Regen stehen lässt. Dabei ist irgendwann der Punkt gekommen, ab dem es unverantwo­rtlich ist, Betriebe mit Steuergeld zu retten. Auf Air Berlin trifft das zu. Die Airline hat noch eine letzte Chance: Lufthansa muss den Anbieter übernehmen und gesundschr­umpfen.

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