Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Streifzug über das Modular Festival
Musik Das Festival ist auf dem sicheren Weg zu drei ausverkauften Tagen. Und dazu Sommerwetter und ein farbig bestrahltes Wasserspiel im Park…Aber Moment, das hier sollte doch auch alles irgendwie frei und schräg sein, oder? Eine Spurensuche
„Wer hat Angst vor der schwarzen Frau?“, fragt Leila Akinji zu HipHop-Beats von der Bühne am Turm. Und der Sänger der Band Ein Quantum Horst skandiert immer wieder über Bläsersätzen auf der Bühne im Park: „Ich bin kein Individuum, ich bin nur eine Person.“Es ist Freitagnachmittag, die Sonne knallt und ein leichter Wind weht über dem Wittelsbacher Park – und Sprache und Gedanken haben schon wieder Freilauf. Festivalzeit eben.
Da stehen ja auch über den Müllstationen kreativ animierende Parolen wie „Hier kostenlose Karmapunkte abstauben“. Und die Spielwiese Modular füllt sich zu diesem Zeitpunkt von Tag zwei auch schon wieder langsam und stetig. Zu erleben ist ja auch schon was: zum Beispiel die beachtlichen Rap-Skills von B Dot Issa auf der Bühne am Turm, die an diesem Tag ohnehin den wippenden Beats gehört – abends kommen hier Megaloh und Moop Mama, zum Beispiel aber auch ein möglicher Weltrekord, weil sich unter dem Namen Jan Plauensteiner eine Band aus sechs Leuten samt Kontrabass, Schlagzeug und Keyboard auf die höchstens sechs Quadratmeter kleine Waldbühne drängen.
Eng aber wird’s später dann auch auf dem gesamten Gelände. Denn dieser zweite Tag ist bereits am frühen Nachmittag ausverkauft, der dritte am Samstag wird es eh sein – und so hatte es ja auch schon am Donnerstag begonnen: ausverkauft um 18.41 Uhr. Drin im Wittelsbacher Park spielte da Impala Ray – wohl nie an diesem Abend war die Lichtung vor der Parkbühne unter Bäumen voller. Sonne, barfuß laufen, ein Bier unter Bäumen, Seifenblasen in der Luft: Dazu war der Folk-Pop des Münchners der perfekte Soundtrack. „Gschmeidig“, würde der Sänger dazu sagen – sein Lieblingswort auf der Bühne. Diesmal also nur ein Wort auf Freilauf.
Eher „griabig“ließen es da noch die Besucher angehen, die ein paar Meter weiter am See im Park die Beine ins Wasser baumeln und sich von der Fontäne des Brunnens kühlen ließen, während von der Bühne am Turm der Punkrock Van Holfrühen zens herüberdrang: drei Ulmer, inzwischen untergekommen bei einem deutschen Label-Riesen. Ein bisschen spiegelte sich das in ihrer Musik wider, deren Duktus Van Holzen in einem Song auf den Punkt genau beschreiben: „Nenn mich Herr der Welt“. Wieder einer dieser wild wachsende Sätze.
Zum Hauptabendprogramm spielte auf der Parkbühne Oliver Gottwald, einst Sänger der Augsburger Lokalhelden Anajo, noch immer mit Buben-Charme, aber mit anderer, junger Begleitband. Seine Musik ist sofort wieder zuerkennen, freundlich und tanzbar, und auch mit Sätzen, die niemand anders sonst in ein Versmaß pressen könnte. Und als Gottwald dann die Anajo-Hits „Monika Tanzband“und „Honigmelone“anstimmte, lebte kurz das alte Popcity-Festival vom Anfang des Jahrtausends wieder auf – und dabei ist die Wappen-Frucht des Modular doch eine Ananas! Na, egal, auch nur so ein freilaufender Gedanke. Auf derselben Bühne, knapp eine Stunde später: Die höchste Eisenbahn. Sätze darüber, wie lange die Musikwelt auf diese Supergroup der deutschen Songschreiber gewartet habe, wurden zuvor genug gesprochen, hier hüllte nur der warme Gesang des Frontmanns Francesco Wilking und seines Bandkollegen Moritz Krämer ein, wie ein Heimkommen – und dafür nutzen das Modular ja auch in diesem Jahr viele Ex-Augsburger.
Zu Ende ging der erste Abend im Freien laut und knallig – anders als zunächst geplant. Denn der vorgesehene Künstler Ry X, ein Mann der sanften Töne, hatte abgesagt, das Duo Mule & Man war nachverpflichtet worden: Bonaparte-Frontmann Tobias Jundt und der Elektro-Produzent Kid Simius. Ihr Sound bot zwar wenig Raum für freilaufende Sätze, wirkte eher wie ein DJ-Set aus Dancehall- und Electro-Beats, allerdings plus Gitarre und Geschrei – aber immerhin Platz für ein großes Wort. Zum Abschluss, da trugen die Herren auf der Bühne Bademäntel: „Anti Anti“. Titel eines der größten Bonaparte-Hits. Ein Höhepunkt. I Fotos vom Festival finden Sie unter