Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wasserpflanzen bringen Schwimmerin in Gefahr
Bergheimer Baggersee Eine 76-Jährige verfängt sich beim Baden in Schlinggewächsen. Es ist nicht der erste gefährliche Vorfall dort. Die Wasserwacht appelliert deshalb schon länger an die Stadt. Was die zuständige Behörde sagt
Ein Badeunfall hat sich am Donnerstag am Bergheimer Baggersee ereignet. Eine Schwimmerin verfing sich in Wasserpflanzen. Die 76-Jährige konnte sich nicht mehr aus eigener Kraft befreien. Zum Glück wurden Badegäste auf ihre Not aufmerksam. Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art an dem See. Ein Wasserwachtexperte spricht von einem Gefahrenpotenzial, das längst nicht mehr schönzureden sei.
Es war Feiertag, es war heiß, etliche Menschen genossen das Wetter am Bergheimer Baggersee. Wie die 76 Jahre alte Frau, die sich am späten Nachmittag in dem See, in dem viele Wasserpflanzen wuchern, erfrischen wollte. Was dann passierte, berichtet Alexander Dußmann, stellvertretender Vorsitzender der Kreiswasserwacht: Die Schwimmerin spürte demnach plötzlich die Pflanzen an ihren Beinen und geriet in Panik. Dabei verfing sie sich in dem Gewächs. Die Frau drohte unterzugehen. Angehörige und weitere Badegäste erkannten die Notlage. Sie befreiten die Frau und zogen sie zum Ufer. Einsatzkräfte der Wasserwacht Göggingen übernahmen und versorgten die 76-Jährige.
Die Pflanzenfelder im Wasser bereiten der Wasserwacht seit Jahren Sorge. Schon öfter hat sie von der Stadt gefordert, den See häufiger von dem Gewächs zu befreien. Bislang geschieht dies aber nur einmal im Jahr: Der Bergheimer Baggersee wird nur vor der Hauptbadesaison Anfang Juli ausgemäht. Die Rettungskräfte finden das zu wenig. Zumal die Pflanzen bei warmem Wetter noch intensiver wachsen. Die Wasserwacht sieht eine drohende Gefahr für die Badegäste. Der Baggersee hat nämlich eine Besonderheit, die ihn laut Dußmann von anderen Gewässern wie Kuh- oder Autobahnsee unterscheidet: Er ist relativ flach. „Die tiefste Stelle hat 3,70 Meter. Die Wasserpflanzen ragen zwei bis drei Meter nach oben. Da bleibt nicht mehr viel Platz zum Schwimmen übrig.“
Die Gefahr gehe nicht unmittelbar von den Pflanzen aus. „Sie umschlingen nicht aktiv Beine und ziehen Schwimmer nach unten“, betont Dußmann. Das Problem sei vielmehr, dass Badegäste in Panik geraten können, wenn sie etwas spü- ren. Gerade für körperlich schwache Menschen könne dies lebensgefährlich werden. Wie im Fall der 76-Jährigen. „Es ist der Schwimmer selbst, der sich dann durch hektische Bewegungen verfängt.“Zwei ähnliche Vorfälle sind ihm aus dem Jahr 2013 bekannt. Damals musste die Wasserwacht Mitte Juli einen Mann aus den Schlingpflanzen befreien. Zirka zwei Wochen danach verhedderte sich eine Frau. „Sie war schon unter Wasser und musste reanimiert werden.“Die Seniorin sei später im Krankenhaus gestorben. Ob der Badeunfall letztendlich die Ursache dafür war, darauf will sich Dußmann nicht festlegen.
Mit dem aktuellen Vorfall von Donnerstag konfrontiert, heißt es aus dem zuständigen Amt für Grünordnung und Naturschutz: „Der Vorfall wird ernst genommen. Die bisherige Verfahrensweise wird überprüft.“Bislang habe sich die einmalige Mahd im Jahr bewährt. „Eigentlich sollte der Bewuchs im aus ökologischen Gründen gar nicht gemäht werden“, betont der stellvertretende Amtsleiter Joachim Schnürer und beruft sich dabei auf ein externes Fachgutachten aus dem Jahr 2012. „Das Gutachten rät davon aus ökologischen Gründen ab.“Deshalb habe man den See bislang nicht öfter von dem Gewächs befreit. Die Wasserpflanzen böten vielen Tieren einen Lebensraum. „Bislang konnten Natur und Badegelegenheiten im Einklang bestehen.“Das sieht Dußmann anders.
Der Wasserwacht-Helfer würde sich gerne mit Vertretern der Stadt an einen Tisch setzen und gemeinsam eine Lösung finden. „Ich kann aber nicht mehr tun, als auf die Gefahr aufmerksam zu machen.“Dußmann weist auf ein weiteres Problem hin, dass unlängst auftauchte: Pfingstmontag wurde im Bereich des Baggersees eine Frau vermisst. Mit Hubschrauber, Sonarboot und Hunden wurde nach ihr gesucht – und mit Tauchern der Polizei und der Wasserwacht. Die Wasserpflanzen erschwerten deren Einsatz immens. „Auch für unsere Taucher ist das gefährlich. Sie konnten nicht lange unter Wasser bleiben.“ZuSee dem könne man nicht gewährleisten, alle Stellen im See abzusuchen. Die Frau, die laut Polizei Suizid begangen hatte, wurde erst am vierten Tag gefunden.