Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenn Eltern im Freibad nicht aufpassen
Sicherheit Lebensretter und Bademeister beklagen zunehmenden Leichtsinn. Kürzlich wurden an einem einzigen Tag 30 Kleinkinder vermisst gemeldet. Die Experten haben Vorschläge, wie es besser laufen könnte
Wenn sich die Wetterprognosen bestätigen, haben die Bademeister und freiwilligen Helfer von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) und der Wasserwacht in den kommenden Tagen vermutlich viel zu tun. Dienstag bis Freitag sollen es mehr als 30 Grad werden. Adam Suslowicz, Bademeister und Betriebsleiter im Familienbad am Plärrer, freut das nicht unbedingt. „Unsere Erfahrung ist: Wenn es vier Tage oder mehr am Stück richtig heiß ist, werden die Gäste deutlich anstrengender und wir haben viel mehr zu tun.“
An heißen Tagen steigt auch die Zahl der Besucher stark an und die Helfer müssen besonders wachsam sein, so wie vergangene Woche, als sie einen Fünfjährigen vor dem Ertrinken retteten. Der Bub trieb bewusstlos im tieferen Bereich des Nichtschwimmerbeckens im Familienbad. Die Verantwortlichen beobachten, dass immer mehr Besucher schlecht oder gar nicht schwimmen können und dadurch in gefährliche Situationen geraten. Das ist besonders häufig bei Menschen aus anderen Ländern der Fall. „Wir fragen natürlich nicht, welche Staatsangehörigkeit die Personen haben, denen wir helfen, und ob es Asylbewerber sind. Fest steht aber, dass wir seit der großen Zuwanderung 2015 deutlich mehr zu tun haben“, sagt Günter Eisenrith, Leiter der Kreiswasserwacht. Auch der gerettete Bub im Familienbad hat einen Migrationshintergrund.
In Augsburg gibt es inzwischen diverse Bemühungen, um dem Problem zu begegnen. So organisiert beispielsweise das Freiwilligenzentrum der Stadt in Kooperation mit Sportvereinen Schwimmkurse für Geflüchtete. Auch gibt es Infobroschüren in mehreren Sprachen.
Frank Lippmann, Vorsitzender des Kreisverbandes Augsburg/ Aichach-Friedberg der DLRG, beklagt, dass die Zahl der schlechten Schwimmer in Deutschland permanent zunimmt. „In der dritten Klasse kann etwa ein Drittel gut schwimmen, ein Drittel einigermaßen und ein Drittel sind Nichtschwimmer.“Hinzu kommt, dass das Niveau der Schüler so unter- schiedlich ist, dass es für die Schwimmlehrer fast unmöglich ist, allen gerecht zu werden. Aus Lippmanns Sicht lernen die Kinder ohnehin zu spät schwimmen. Ende der ersten Klasse sollten Schüler das Seepferdchen bestehen, fordert die DLRG. Um dies zu erhalten, müssen die Kinder 25 Meter am Stück zurücklegen, vom Beckenrand springen und mit den Händen einen eines Kleinkindes aufgehört zu zählen.“Immer wieder treffen die Retter auf Eltern, die auf der Liegewiese schlafen oder die Aufsicht dem älteren Geschwisterkind übertragen haben, das vielleicht auch erst neun Jahre alt ist. Richtig sauer wird der Bademeister, wenn die Eltern ihre Kinder nach brenzligen Situationen zusammenstauchen oder handgreiflich werden. „Der Fehler liegt schließlich bei ihnen. Bei Kindern muss man damit rechnen, dass sie Anweisungen beim Spielen vergessen. Teils werden wir dann noch von den Eltern verbal attackiert, wenn wir etwas sagen.“Solche Gäste werden dann nachdrücklich gebeten, das Bad zu verlassen.
Dass immer mehr kleine Kinder unbeaufsichtigt im Becken unterwegs sind, hat auch Badegast Johannes Dambacher festgestellt, der mit seinen beiden Söhnen, fünf und sechs Jahre, ins Familienbad gekommen ist. „Ich würde das nicht machen. Vor allem unserem Jüngeren fehlt noch das Gefahrenbewusstsein.“Der Ältere hingegen hat bereits einen Schwimmkurs gemacht. Weil der aber im Winter stattfand und der Bub krankheitsbedingt einige Termine verpasste, könne er noch nicht richtig schwimmen. Solange müsse er noch die Schwimmweste anziehen. Bademeister Suslowicz warnt allerdings davor, sich auf solche Hilfen zu verlassen. „Die Kinder können trotzdem untergehen.“
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