Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Muss Dr. Bartuschs Praxis schließen?

Medizin Warum die Nachfolge des Dinkelsche­rber Hausarztes schon wieder scheitern könnte

- VON MANUELA BAUER

Irgendwie ist da der Wurm drin: Der Hausarzt Dr. Jörg Bartusch sucht seit Jahren verzweifel­t einen Nachfolger. Nun hat er endlich einen gefunden – doch die Übernahme droht wieder nicht zu klappen. Zuerst hätte ein junger Ägypter die Praxis in Dinkelsche­rben gerne übernommen, aber seine Berufserfa­hrung wurde nicht anerkannt (wir berichtete­n). Schließlic­h fand Bartusch Dr. Bernhard Meurers. Er hat bisher als Neurologe gearbeitet und will nun Hausarzt werden. Seit einigen Monaten arbeitet er in Bartuschs Praxis mit. Doch seine Facharztpr­üfung als Allgemeinm­ediziner ist bisher daran gescheiter­t, dass er einen speziellen Ausbildung­snachweis nicht vorlegen konnte. Dr. Bartusch ist sauer und hat einen deutlichen Brief an die Landesärzt­ekammer geschriebe­n. Darin macht er klar: Er wird zum Ende des Jahres aufhören. Notfalls auch ohne Nachfolger.

Das ist das Problem: Wer Facharzt für Allgemeinm­edizin werden will, muss 30 Stunden sogenannte Balintgrup­penarbeit nachweisen. Das heißt, er muss mindestens ein halbes Jahr lang regelmäßig mit einer solchen Gruppe gearbeitet haben, in der sich Ärzte unter der Leitung eines Psychother­apeuten treffen, um über schwierige Patienten und ihre Beziehung zu ihnen zu sprechen. Dieser Nachweis fehlt Dr. Die beiden Dinkelsche­rber Ärzte seien davon ausgegange­n, dass Meurers als Neurologe mit psychiatri­scher Ausbildung und Gesprächst­herapien mit Problempat­ienten die Balintgrup­pen-Ausbildung nicht braucht, schreibt Bartusch in dem Brief: „Aufgrund seiner Ausbildung ist er sogar überqualif­ziert.“Bartusch zieht einen Vergleich: Das sei so, als hätte man den Autoführer­schein bestanden, diesen aber noch nicht ausgehändi­gt bekommt, weil man ja den Mopedführe­rschein noch nicht gemacht hat.

Scheitert die Übernahme also an einer Kleinigkei­t, wie es Bartusch darstellt? Die Sprecherin der Bayerische­n Landesärzt­ekammer, Dagmar Nedbal, betont, die Kammer müsse sich „im Sinn einer qualifizie­rten Versorgung und der Patientens­icherheit“an Voraussetz­ungen halten. Sie erklärt: „Das Anerkennun­gsverfahre­n des möglichen Nachfolger­s, Dr. Bernhard Meurers, ist gerade am Laufen.“Deshalb werde die Ärztekamme­r dazu noch keine öffentlich­e Stellungna­hme abgeben.

Bartusch hofft, dass die Praxisüber­nahme doch noch klappt und die Kammer „einen Kompromiss oder eine vertretbar­e Lösung“findet. Und er stellt klar: „Wenn das schief läuft, dann fliegen die Fetzen.“Denn wenn er keinen Nachfolger findet, dann stünden die 1500 Patienten, die er pro Quartal be- treut, auf der Straße. Ähnlich sei es Patienten aus Münsterhau­sen gegangen, wo vor ein paar Monaten ein Kollege aufgehört hat und die Praxen drum herum voll sind. In Dinkelsche­rben könnte Ähnliches drohen: „Die Kollegen im Ort nehmen keinen mehr“, sagt Bartusch.

Für ihn steht mittlerwei­le fest: „Ich höre zum Ende des Jahres auf.“Mit 73 Jahren und 45 Berufsjahr­en, davon 39 Jahre als niedergela­ssener Allgemeina­rzt auf dem Land. Länger könne er das gesundheit­lich nicht mehr machen. Eigentlich ist er ja schon lange im Rentenalte­r. Bartusch hofft immer noch, dass er seine Praxis nicht für immer schließen muss und schreibt: „Wenn ich meiMeurers. ne Praxis ohne Nachfolger beende, kommt es zu einer Katastroph­e in der medizinisc­hen Versorgung.“

Doch nicht nur bei der Hausarztve­rsorgung könnte es eng werden. Peter Kraus (Freie Wähler) sagte in der vergangene­n Gemeindera­tssitzung, auch die Dinkelsche­rber Zahnärzte würden bald ihre Praxen aufgeben. Bürgermeis­ter Edgar Kalb bestätigte, dass Dr. KlausDiete­r Schulze seine Räume in dem gemeindlic­hen Gebäude am Bahnhof fristgerec­ht zum Ende des Jahres 2019 gekündigt hat. Eine Zahnarztpr­axis aus dem Landkreis habe bei Kalb aber schon angefragt: Sie möchte in Dinkelsche­rben gerne eine Filiale eröffnen.

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Archivfoto: Manuela Bauer Dr. Bernhard Meurers (links) will die Praxis von Dr. Jörg Bartusch in Dinkelsche­rben übernehmen.

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