Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Muss Dr. Bartuschs Praxis schließen?
Medizin Warum die Nachfolge des Dinkelscherber Hausarztes schon wieder scheitern könnte
Irgendwie ist da der Wurm drin: Der Hausarzt Dr. Jörg Bartusch sucht seit Jahren verzweifelt einen Nachfolger. Nun hat er endlich einen gefunden – doch die Übernahme droht wieder nicht zu klappen. Zuerst hätte ein junger Ägypter die Praxis in Dinkelscherben gerne übernommen, aber seine Berufserfahrung wurde nicht anerkannt (wir berichteten). Schließlich fand Bartusch Dr. Bernhard Meurers. Er hat bisher als Neurologe gearbeitet und will nun Hausarzt werden. Seit einigen Monaten arbeitet er in Bartuschs Praxis mit. Doch seine Facharztprüfung als Allgemeinmediziner ist bisher daran gescheitert, dass er einen speziellen Ausbildungsnachweis nicht vorlegen konnte. Dr. Bartusch ist sauer und hat einen deutlichen Brief an die Landesärztekammer geschrieben. Darin macht er klar: Er wird zum Ende des Jahres aufhören. Notfalls auch ohne Nachfolger.
Das ist das Problem: Wer Facharzt für Allgemeinmedizin werden will, muss 30 Stunden sogenannte Balintgruppenarbeit nachweisen. Das heißt, er muss mindestens ein halbes Jahr lang regelmäßig mit einer solchen Gruppe gearbeitet haben, in der sich Ärzte unter der Leitung eines Psychotherapeuten treffen, um über schwierige Patienten und ihre Beziehung zu ihnen zu sprechen. Dieser Nachweis fehlt Dr. Die beiden Dinkelscherber Ärzte seien davon ausgegangen, dass Meurers als Neurologe mit psychiatrischer Ausbildung und Gesprächstherapien mit Problempatienten die Balintgruppen-Ausbildung nicht braucht, schreibt Bartusch in dem Brief: „Aufgrund seiner Ausbildung ist er sogar überqualifziert.“Bartusch zieht einen Vergleich: Das sei so, als hätte man den Autoführerschein bestanden, diesen aber noch nicht ausgehändigt bekommt, weil man ja den Mopedführerschein noch nicht gemacht hat.
Scheitert die Übernahme also an einer Kleinigkeit, wie es Bartusch darstellt? Die Sprecherin der Bayerischen Landesärztekammer, Dagmar Nedbal, betont, die Kammer müsse sich „im Sinn einer qualifizierten Versorgung und der Patientensicherheit“an Voraussetzungen halten. Sie erklärt: „Das Anerkennungsverfahren des möglichen Nachfolgers, Dr. Bernhard Meurers, ist gerade am Laufen.“Deshalb werde die Ärztekammer dazu noch keine öffentliche Stellungnahme abgeben.
Bartusch hofft, dass die Praxisübernahme doch noch klappt und die Kammer „einen Kompromiss oder eine vertretbare Lösung“findet. Und er stellt klar: „Wenn das schief läuft, dann fliegen die Fetzen.“Denn wenn er keinen Nachfolger findet, dann stünden die 1500 Patienten, die er pro Quartal be- treut, auf der Straße. Ähnlich sei es Patienten aus Münsterhausen gegangen, wo vor ein paar Monaten ein Kollege aufgehört hat und die Praxen drum herum voll sind. In Dinkelscherben könnte Ähnliches drohen: „Die Kollegen im Ort nehmen keinen mehr“, sagt Bartusch.
Für ihn steht mittlerweile fest: „Ich höre zum Ende des Jahres auf.“Mit 73 Jahren und 45 Berufsjahren, davon 39 Jahre als niedergelassener Allgemeinarzt auf dem Land. Länger könne er das gesundheitlich nicht mehr machen. Eigentlich ist er ja schon lange im Rentenalter. Bartusch hofft immer noch, dass er seine Praxis nicht für immer schließen muss und schreibt: „Wenn ich meiMeurers. ne Praxis ohne Nachfolger beende, kommt es zu einer Katastrophe in der medizinischen Versorgung.“
Doch nicht nur bei der Hausarztversorgung könnte es eng werden. Peter Kraus (Freie Wähler) sagte in der vergangenen Gemeinderatssitzung, auch die Dinkelscherber Zahnärzte würden bald ihre Praxen aufgeben. Bürgermeister Edgar Kalb bestätigte, dass Dr. KlausDieter Schulze seine Räume in dem gemeindlichen Gebäude am Bahnhof fristgerecht zum Ende des Jahres 2019 gekündigt hat. Eine Zahnarztpraxis aus dem Landkreis habe bei Kalb aber schon angefragt: Sie möchte in Dinkelscherben gerne eine Filiale eröffnen.