Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Deutlich mehr Verkehr in Zusmarshausen
Mobilität Eine Untersuchung zeigt: Besonders die großen Ein- und Ausfallstraßen sind belastet. Der Gemeinderat diskutiert, wie der Ort entlastet werden könnte. Ist eine Westumfahrung die Lösung?
Auf den Straßen in und um Zusmarshausen sind immer mehr Autos und Lastwagen unterwegs. Das erklärte der Ulmer Verkehrsplaner Rainer Neumann in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend. Neben einem umfangreichen Zahlenwerk hatte er auch eine Menge Ratschläge zur Lösung der Misere dabei. Sein Fazit: „Machen und verändern Sie etwas, und zwar jetzt.“Deshalb kamen im Rat so gesellschaftlich wie ökonomisch heikle Themen wie eine Westumfahrung und die „Beruhigung“der Ortsmitte zur Sprache.
Die von Neumann vorgelegten Zahlen sprachen Bände, was die Entwicklung des Verkehrs seit 2001 angeht. So gab es etwa beim reinen Durchgangsverkehr einen Zuwachs um mehr als zehn Prozent auf mehr als 8000 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden. Beeindruckend im eher negativen Sinne verlief das von dem Fachmann ermittelte Verkehrsaufkommen an den großen Ein- und Ausfallstrecken entlang von Ulmer Straße, Römerstraße und den Staatsstraßen aus und in Richtung Augsburg, Dinkelscherben und Altenmünster. Dabei wurden innerhalb eines Tages fast 30 000 Gefährte gezählt. „Der Schwerverkehr mit einem Anteil von rund zehn Prozent tut Ihnen richtig weh“, unterstrich der Planer, der zum Beispiel die Zunahme der Pakettransporter auch mit dem veränderten Einkaufsverhalten der Bürger erklärte.
Bei dieser Gelegenheit bedankte sich Neumann auch für die Mitarbeit von mehr als 140 Schülern der Staatlichen Realschule sowie drei Pensionären. Sie hatten bei der Erfassung im vergangenen Juni unter anderem rund 5600 Kfz-Chauffeure befragt. „So ein Job ist selbst für mich als Berufsanalyst eine schwierige Sache.“Mithilfe dieser Zusammenarbeit von Profi und Amateuren kamen auch Erkenntnisse zustande wie die Tatsache, dass fast die Hälfte der Interviewten auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz war. Und der statistische Besetzungsgrad mit einem Wert von 1,1 Personen: „Da hat sich trotz Bemühungen um die Bedeutung von Fahrgemeinschaften nichts geändert, insbesondere auf dem Land sitzt man allein im Auto.“
Zwei Verkehrsspitzen gibt es am Tag: Die morgendliche „Rush Hour“zwischen sieben und acht Uhr nach Zusmarshausen und zwischen 17 und 18 Uhr nach Dinkelscherben brachte es jeweils auf fast 400 Wagen pro Stunde. Was aber mehr aufhorchen ließ: „Die Verkehrssituation wird insbesondere durch den Eigenverkehr der Marktgemeinde geprägt“, betonte Neumann, der immer wieder baugestalterische Veränderungen in der Augsburger Straße empfahl: „Schaffen Sie dort Ruhe, zum Beispiel damit, den Fußgängern Priorität vor den Fahrzeugen einzuräumen.“
Spätestens da läuteten bei manchem die Alarmglocken. So gestand Alfred Hegele (CSU) seine ambivalenten Gefühle und wies darauf hin, „dass die Geschäfte und Betriebe dort so eine Lösung fürchten“. Eine Sorge, die Fraktionskollegin Ingrid Hafner-Eichner nicht sehen wollte und dazu riet, sich über den künftigen Ortskern Gedanken zu machen. Das forderte auch Zweiter Bürgermeister Robert Steppich (Freie Wähler): „Der schönste Abschnitt Ihres Vortrags, Herr Neumann, handelte von den Vorschlägen zur innerörtlichen Entwicklung. Autostraßen sind schnell erstellt, eine richtige Mitte nicht.“
Der Angesprochene verwies ebenfalls auf die in der Gemeinde seit Wochen stattfindenden Debatnoch ten zum „Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept“(ISEK). Wie berichtet, werden dabei auch die Vorstellungen der Einwohner berücksichtigt, die sich mit großem Engagement einbringen. Ganz im ISEK-Fieber regte Planer Neumann auch Angebote zur Verhaltensänderung der Verkehrsteilnehmer an: „Schaffen Sie da Angebote, und wenn es auch so ein profanes Ding wie ein Fahrradständer sein sollte.“Die Randbereiche der Gemeinde müssten so aufgewertet werden, dass „die Leute auch mal ihr Auto stehen lassen, um in der Stadt etwas zu erledigen“, erklärte er.
Außerorts drehte sich die Debatte zum Beispiel um eine Westumfahrung, die etwa zur Entlastung des hochbefahrenen Steinekirch dienen könnte. Ein heißes Eisen in der späten Sitzungsstunde bei immer noch fast 30 Grad Celsius. Denn, so erinnerte Karl Fischer von den Freien Wählern: „Das Ganze trägt ein hohes Konfliktpotenzial in sich, weil irgendwelche Planstriche auf einer Zusamkarte die Leute schon ziemlich aufgeregt haben.“Er bat darum, eine Machbarkeitsstudie in die Wege zu leiten, auch „damit Zusmarshausen für den Schwerverkehr endlich unattraktiv wird“.
Christian Weldishofer (CSU) zeigte sich entsetzt von solchen, auch von anderen Ratsmitgliedern erfolgten Überlegungen: „Eine Straße ist schnell gebaut, aber die geht dann nicht mehr weg – und wir haben eines der schönsten Naturgebiete unserer Gegend beschädigt.“So ein Konzept zementiere dieses Vorhaben, obwohl man heute nicht wisse, wie sich der Verkehr überhaupt entwickeln würde. „Der künftige Nahverkehr, ein drittes Gleis? Nichts ist klar.“
Auch Sitzungsleiter Bernhard Uhl beteuerte, dass ihm das Zusamtal sehr am Herzen liege. Aber: „Wir brauchen dort eine Entlastung“, unterstrich der Bürgermeister.