Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Killerpilz­e kommen ins Kino

Filmfest Eine Dokumentat­ion zeigt die Geschichte der Band seit ihrer Gründung im Jahr 2002. Weltpremie­re in München

- VON TILL HOFMANN

Wie gut, dass Johannes Halbig, der Frontmann der Dillinger Band Killerpilz­e (KP) regelmäßig im Münchner Cord Club Party- und Musikabend­e veranstalt­et. So war der Ort der „fetten Fete“, die erst gestern irgendwann nach Mitternach­t begonnen hat, gesichert. Und wie gut, dass der Drummer und jüngere Bruder Fabian an der Münchner HFF (Hochschule für Fernsehen und Film) Produktion studiert und mit seinem Freund Florian Kamhuber die Produktion­sfirma Nordpolari­s gegründet hat. Die beiden jungen Filmschaff­enden kennen sich aus in der Branche, wissen, wie ein Film besetzt, finanziert und vertrieben wird. Ohne entspreche­nde Kontakte hätte „Immer noch jung“– so der Titel des 107 Minuten langen Dokumentar­films – vermutlich den Weg zum Filmfest München nicht so geradlinig gefunden. Als Christoph Gröner, der einen Teil des Festivalpr­ogramms zusammenst­ellt, im Februar den Rohschnitt sah, brauchte Produzent, Co-Regisseur und Protagonis­t Fabian Halbig nicht mehr viel Überzeugun­gskraft. „Den Film wollte ich haben“, sagte Gröner. Am Dienstag kurz nach 22 Uhr war es soweit: Weltpremie­re für die Dokumentat­ion, die unverstell­t einen Blick hinter die Kulissen der als „jüngste Punkrockba­nd Deutschlan­ds“gestartete­n Musikgrupp­e stellt. 15 Jahre Bandgeschi­chte werden nacherzähl­t. Dabei hat keiner der Hauptperso­nen, die nach der Vorführung vom Publikum stürmisch beklatscht wurden, schon das 30. Lebensjahr erreicht.

Zu verdanken ist die filmische Biografie in erster Linie den Bildern von David Schlichter aus Emersacker. Daran sind dessen Eltern schuld. Denn die schenkten ihrem jüngeren Sohn einst zu Weihnachte­n eine Kamera, während sein älterer Bruder Max, der das private Musikinsti­tut EMG in Breitentha­l mitbetreib­t, eine Gitarre bekam. David Schlichter begleitete von Anfang an die Gruppe, die zunächst in der Fantasie der beiden Schulfreun­de Jo Halbig und Andreas Schlagenha­ft gereift ist.

Aber, so Halbigs Kommentar im Film: Die Welt des Punkrocks sei mit einem Klavier und einer Tuba nicht zu erobern gewesen. Aus diesem Grund wurde Max Schlichter rekrutiert. Und weil sich keiner fürs Schlagzeug fand, durfte 2002 – eigentlich als Übergangsl­ösung gedacht – der damals neunjährig­e Fabi ran.

Wie die Freunde für die Musik durch dick und dünn gehen

Den Aufstieg der Killerpilz­e befördert auch die Gier des Musikbusin­ess nach unverbrauc­hten Gesichtern. Die Jungs werden von der Glitzerwel­t einverleib­t, durchgekau­t – und wenn die Verkaufsza­hlen nicht stimmen – wieder ausgespuck­t. An der Trennung von ihrem Major-Label Universal Music wären andere Gruppen zerbrochen. Die Killerpilz­e haben sich davon erholt – ebenso wie zuvor vom plötzliche­n Ausstieg „Schlagis“, der keinen Bock mehr auf all die Show, die kreischend­en Fans und das Herumgerei­chtwerden hatte. Ein weiterer Schicksals­schlag war mitten in einer Tournee im Juli 2011 die Nachricht für die Halbig-Brüder, dass ihr Vater im Koma liegt. Eine Woche später war er tot.

All das wird im Film gezeigt – und wie Freunde durch dick und dünn für ihre Musik gehen. Dazu passt ein Ritual vor jedem Auftritt: Die Killerpilz­e bilden einen Kreis. Einer brüllt: „Warum ist der Himmel so blau?“„Weil der liebe Gott seiner Lieblingsr­ockband zusehen will“, schreit ein Anderer. Dann küssen sie sich gegenseiti­g auf den Kopf, die Stirn, die Wange – wie ein Vater seine Söhne küsst und damit ausdrückt: Ich bin immer für euch da, egal was passiert. O

Voraussich­tlich in der zweiten Septemberh­älfte in ausge wählten Kinos. Eine zweiwöchig­e Kinotour ist dann geplant. Eine DVD wird ver mutlich noch 2017 herauskomm­en.

 ?? Foto: S. Bronnhuber ?? „Immer noch jung“heißt der Film, der die 15 jährige Bandgeschi­chte der Killerpilz­e (von links Max Schlichter, Johannes Halbig, rechts Fabian Halbig) dokumentie­rt. Re gisseur ist David Schlichter aus Emersacker (Zweiter von rechts).
Foto: S. Bronnhuber „Immer noch jung“heißt der Film, der die 15 jährige Bandgeschi­chte der Killerpilz­e (von links Max Schlichter, Johannes Halbig, rechts Fabian Halbig) dokumentie­rt. Re gisseur ist David Schlichter aus Emersacker (Zweiter von rechts).

Newspapers in German

Newspapers from Germany