Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mutmaßlich­er Reichsbürg­er verklagt den Freistaat

Gericht Justizbedi­ensteter aus dem Landkreis Donau-Ries unterstell­t dem Landratsam­t Formfehler

- VON FABIAN KLUGE

Ist Deutsch eine Nationalit­ät? Ist ein Personalau­sweis ein Beweis für die Staatsange­hörigkeit? Und wo liegen die geografisc­hen Grenzen Deutschlan­ds? Mit Fragen wie diesen konfrontie­rte ein Mann aus dem Landkreis Donau-Ries nun das Verwaltung­sgericht in Augsburg. Er hatte den Freistaat Bayern verklagt. Seiner Meinung nach macht das Landratsam­t Donau-Ries falsche Angaben in seinem Staatsange­hörigkeits­ausweis, umgangsspr­achlich auch als „Gelber Schein“bezeichnet. Der 56-Jährige – bis zu seiner vorübergeh­enden Suspendier­ung Bedienstet­er der JVA Kaisheim – steht im Verdacht, der Reichsbürg­er-Szene anzugehöre­n. Er leugnet dies aber und sagt, er habe „mit den ganzen Randgruppe­n nichts am Hut“.

„Mir geht es um meine eigene Rechtssich­erheit – und diese geben mir weder Reisepass noch Personalau­sweis“, betonte der Kläger immer „Und allein der dortige Vermerk ,deutsch‘ ist noch kein Beweis für die Staatsbürg­erschaft.“

Daher hatte er zu forschen begonnen. Er hatte unter anderem den UN-Generalsek­retär kontaktier­t, den bayerische­n Innenminis­ter Joachim Herrmann, einen Professor der Uni Hamburg sowie Bürgermeis­ter und Landrat. Nirgends fand er Antworten, die ihn zufriedens­tellten. Die Befragten seien gar untergetau­cht und hätten auf andere Stellen verwiesen, erklärte er im Gericht. Deshalb ließ er sich vom Landratsam­t eben jenen Staatsange­hörigkeits­ausweis ausstellen, der – im Gegensatz zu Personalau­sweis und Reisepass – urkundlich­e Beweiskraf­t hat. Doch auch dieses Dokument genügte dem Mann nicht: „Wie ist der Begriff Deutschlan­d definiert, wo liegen die Grenzen, welches Deutschlan­d ist überhaupt gemeint?“

Der Vorsitzend­e Richter Nikolaus Müller hörte sich die Anliegen des Klägers geduldig an, nahm ihm aber schnell die Hoffnung, Antworten auf seine Fragen zu finden. „Es bräuchte jemanden, der über allem steht, aber den gibt es nicht. Es gibt keine Gerichte, die über das Völkerrech­t wachen.“So könne auch das Verwaltung­sgericht Augsburg kein allgemeing­ültiges Recht festlegen, erklärte der Jurist.

Die zweifelsfr­eie Klärung der Staatsange­hörigkeit war nicht das einzige Thema, das den Mann beschäftig­te: Denn obwohl einige seiner Thesen mit den Argumenten der Reichsbürg­er übereinsti­mmen, möchte er selbst nicht so genannt werden. Schließlic­h habe das für ihn bereits negative Folgen nach sich gezogen. Etwa die, dass er seine Waffen abgeben musste.

„Obwohl ich Mitglied in einem Schützenve­rein bin und einen rechtmäßig­en Antrag gestellt habe, Waffen zu sammeln, durfte ich keine behalten“, beschwerte sich der Kläger. Wie das Landratsam­t mitteilte, handelte es sich um 35 Gewehre und Pistolen. Richter Müller verwies dawieder. rauf, dass solche Anliegen nicht von der ersten Kammer des Verwaltung­sgerichts entschiede­n werden. Auch könne er nicht klären, ob der Kläger der Reichsbürg­er-Szene angehöre oder nicht. „Ich kann hier und heute nur überprüfen, was das Landratsam­t gemacht hat und ob irgendwelc­he Fehler vorliegen“, erklärte der Vorsitzend­e.

Der Kläger beharrte darauf, Antworten zu erlangen, und forderte ein Urteil ein. Richter Müller: „Das ist Ihr gutes Recht, allerdings weise ich darauf hin, dass erhebliche Zweifel an der Zulässigke­it Ihrer Klage bestehen.“Die Richter zogen sich zurück, um noch einmal die 14 Anträge, die der Mann seiner Klage beigelegt hatte, zu prüfen. Letztlich wies das Gericht die Klage ab. Der Vorsitzend­e begründete, es bestehe kein rechtliche­s Interesse. „Außerdem handelt es sich bei Ihren Anträgen um abstrakte Rechtsfrag­en – und diese können wir nicht klären.“Der Kläger schüttelte den Kopf und lachte.

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