Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mutmaßlicher Reichsbürger verklagt den Freistaat
Gericht Justizbediensteter aus dem Landkreis Donau-Ries unterstellt dem Landratsamt Formfehler
Ist Deutsch eine Nationalität? Ist ein Personalausweis ein Beweis für die Staatsangehörigkeit? Und wo liegen die geografischen Grenzen Deutschlands? Mit Fragen wie diesen konfrontierte ein Mann aus dem Landkreis Donau-Ries nun das Verwaltungsgericht in Augsburg. Er hatte den Freistaat Bayern verklagt. Seiner Meinung nach macht das Landratsamt Donau-Ries falsche Angaben in seinem Staatsangehörigkeitsausweis, umgangssprachlich auch als „Gelber Schein“bezeichnet. Der 56-Jährige – bis zu seiner vorübergehenden Suspendierung Bediensteter der JVA Kaisheim – steht im Verdacht, der Reichsbürger-Szene anzugehören. Er leugnet dies aber und sagt, er habe „mit den ganzen Randgruppen nichts am Hut“.
„Mir geht es um meine eigene Rechtssicherheit – und diese geben mir weder Reisepass noch Personalausweis“, betonte der Kläger immer „Und allein der dortige Vermerk ,deutsch‘ ist noch kein Beweis für die Staatsbürgerschaft.“
Daher hatte er zu forschen begonnen. Er hatte unter anderem den UN-Generalsekretär kontaktiert, den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, einen Professor der Uni Hamburg sowie Bürgermeister und Landrat. Nirgends fand er Antworten, die ihn zufriedenstellten. Die Befragten seien gar untergetaucht und hätten auf andere Stellen verwiesen, erklärte er im Gericht. Deshalb ließ er sich vom Landratsamt eben jenen Staatsangehörigkeitsausweis ausstellen, der – im Gegensatz zu Personalausweis und Reisepass – urkundliche Beweiskraft hat. Doch auch dieses Dokument genügte dem Mann nicht: „Wie ist der Begriff Deutschland definiert, wo liegen die Grenzen, welches Deutschland ist überhaupt gemeint?“
Der Vorsitzende Richter Nikolaus Müller hörte sich die Anliegen des Klägers geduldig an, nahm ihm aber schnell die Hoffnung, Antworten auf seine Fragen zu finden. „Es bräuchte jemanden, der über allem steht, aber den gibt es nicht. Es gibt keine Gerichte, die über das Völkerrecht wachen.“So könne auch das Verwaltungsgericht Augsburg kein allgemeingültiges Recht festlegen, erklärte der Jurist.
Die zweifelsfreie Klärung der Staatsangehörigkeit war nicht das einzige Thema, das den Mann beschäftigte: Denn obwohl einige seiner Thesen mit den Argumenten der Reichsbürger übereinstimmen, möchte er selbst nicht so genannt werden. Schließlich habe das für ihn bereits negative Folgen nach sich gezogen. Etwa die, dass er seine Waffen abgeben musste.
„Obwohl ich Mitglied in einem Schützenverein bin und einen rechtmäßigen Antrag gestellt habe, Waffen zu sammeln, durfte ich keine behalten“, beschwerte sich der Kläger. Wie das Landratsamt mitteilte, handelte es sich um 35 Gewehre und Pistolen. Richter Müller verwies dawieder. rauf, dass solche Anliegen nicht von der ersten Kammer des Verwaltungsgerichts entschieden werden. Auch könne er nicht klären, ob der Kläger der Reichsbürger-Szene angehöre oder nicht. „Ich kann hier und heute nur überprüfen, was das Landratsamt gemacht hat und ob irgendwelche Fehler vorliegen“, erklärte der Vorsitzende.
Der Kläger beharrte darauf, Antworten zu erlangen, und forderte ein Urteil ein. Richter Müller: „Das ist Ihr gutes Recht, allerdings weise ich darauf hin, dass erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit Ihrer Klage bestehen.“Die Richter zogen sich zurück, um noch einmal die 14 Anträge, die der Mann seiner Klage beigelegt hatte, zu prüfen. Letztlich wies das Gericht die Klage ab. Der Vorsitzende begründete, es bestehe kein rechtliches Interesse. „Außerdem handelt es sich bei Ihren Anträgen um abstrakte Rechtsfragen – und diese können wir nicht klären.“Der Kläger schüttelte den Kopf und lachte.