Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auf die Lippen, fertig, los
Tag des Kusses Was ein Bärtiger rät, wie die Begrüßung in Frankreich gelingt und warum sogar Schweine knutschen
Knutschen ist beliebt und wird heute am Tag des Kusses auf der ganzen Welt besonders zelebriert. Aber wen küssen Sie und wie? Wir haben uns umgehört. ● Die Boxerin Für Tina Schüßler, Ex-Kickboxweltmeisterin aus Diedorf, kommen nur vier Personen für einen „richtigen Kuss“in Frage. An erster Stelle steht ihr Lebensgefährte Clemens Brocker, mit dem Schüßler seit fünf Jahren eine Beziehung führt. Auch Sohn Kevin, Mutter Gudrun und Vater Werner bekommen immer wieder einen „Schmatzer“. „Für mich ist ein Kuss immer etwas ganz Besonderes und nichts, was im Vorbeigehen passiert.“Nach ihrem WM-Kampf 2013 habe sie alle Schmerzen vergessen, als sie direkt nach der letzten Runde ihrem Freund in die Arme fiel und sie sich küssten. „Wenn man küsst, geht das immer vom Herzen aus. Es gibt kein vorgegebenes Timing, den richtigen Moment weiß man intuitiv.“● Die Bäuerin Weniger intuitiv sondern vielmehr überraschend wird Katharina Mayer auf ihrem Biolandhof in Hirblingen von ihren Schweinen geküsst. „Wenn ich bei den Schweinen im Stall arbeite, dann bekomme ich gelegentlich ein Busserl aufgedrückt“, erzählt Mayer und lacht. Sie selbst küsst aber lieber ihren Mann Herbert. ● Der Bärtige Auch für Christoph Schmid vom Kulturamt Stadtbergen kommt es auf das richtige Gegenüber an – in seinem Fall seit einem halben Jahr Freundin Tanja. Schmid trägt seit acht Jahren einen Vollbart. Seine Freundin stört das nicht. „Wichtig ist die Pflege: An der Oberlippe regelmäßig stutzen, damit es nicht stoppelt und kratzt.“● Der Pfarrer Die Tradition des Kusses als Zeichen der Familienzugehörigkeit reicht bis in das frühe Christentum zurück, weiß der evangelische Pfarrer Alan Büching aus Diedorf. Damals hätten sich sowohl Frauen als auch Männer untereinander auf die Lippen geküsst. „Der Bruder- und Schwesternkuss war gebräuchlich und steht auch in der Bibel.“Wegen des gesellschaftlichen Drucks sei der Kuss auf den Mund eingestellt worden. Noch heute finden sich aber in der Kirche Ableger dieser Tradition, etwa der Friedensgruß. Persönlich küsst Büching nur drei Personen: seine Frau Edith sowie die beiden 14- und 18-jährigen Töchter. Bevor er nach Diedorf kam, erinnert er sich, hätten ihn in Königsbrunn einige Damen „zur Begrüßung vor Freude auf die Backe geküsst“. ● Die Frankreich Expertin In anderen Ländern werden zur Begrüßung regelmäßig Küsse verteilt. Die Franzosen küssen sich zwei- bis viermal auf die Wange. Wie oft und in welcher Reihenfolge, das sei von der Region abhängig, erklärt Petra Zillner, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Neusäß-Cusset. Von welcher Seite begonnen wird, sei unerheblich und werde „ganz intuitiv“geregelt. Eine feste Regel gebe es dennoch: „Beim ersten Aufeinandertreffen wird immer nur die Hand gegeben.“So war es jüngst auch beim ersten Treffen von Angela Merkel und Emmanuel Macron: Erst beim zweiten Sehen gab es eine Umarmung und zwei Küsschen auf die Wangen. Zillner kennt noch mehr Besonderheiten: Im Unterschied zu deutschen Gepflogenheiten nehme jeder Franzose vor dem Küssen die Brille ab, um dem anderen nicht wehzutun. Und selbst im Schriftverkehr werde statt einer trockenen Abschiedsformel ein herzliches „bisous“(„Küsschen“) angehängt. Zillner selbst küsst ihren Mann Uli und die beiden Söhne, erzählt sie: „Die sind 22 und 26 Jahre alt und halten nur widerwillig die Backe hin.“